Beitrag im Newsletter Nr. 6 vom 24.3.2022

Die eigene Geschichte selbst erzählen

Thomas Baumann

Inhalt

Über die eigene Herkunft und Identität offen und frei reden können
Anti-Ziganismus gemeinsam bekämpfen
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Redaktion

Über die eigene Herkunft und Identität offen und frei reden können

Sinti und Roma sollten ihre Herkunft und Identität offen und frei zeigen können. Das können sie aber nur, wenn Gesetze sie schützen und alle Menschen sie anerkennen und respektieren. Und wir brauchen mutige Sinti und Roma, die sich zeigen und so anderen Sinti und Roma ein Vorbild sein können.

Sinti und Roma reden selten über ihre Herkunft, ihre Namen und ihre Identität. Denn oft erleben sie deswegen Rassismus und Diskriminierung. Damit sich das ändert, brauchen wir erfolgreiche Vorbilder von Sinti und Roma, aber auch die Unterstützung aller Menschen. Denn nur wenn unsere Gesellschaft offener wird und alle Menschen gleichbehandelt, haben auch alle Menschen die gleichen Chancen.

Sinti und Roma erleben in ganz Europa tief verwurzelten und seit Jahrhunderten verbreiteten Anti-Ziganismus. Anti-Ziganismus ist Rassismus gegenüber Sinti und Roma und Menschen, die von anderen dieser Gruppe zugeordnet werden. Durch die vielen Vorurteile, die Ausgrenzung und Diskriminierung ist es für Sinti und Roma schwer, sich als gleichberechtigte Menschen in der Gesellschaft zu beteiligen.

Politiker*innen denken oft, das Problem ist allein die Armut. Doch das stimmt nicht. Durch Anti-Ziganismus ist es für Sinti und Roma schwer, einen guten Job oder eine Wohnung zu bekommen. Auch in der Schule erleben Sinti und Roma, dass sie anders behandelt werden. Und ohne eine gute Schulbildung, einen guten Job und eine gute Wohnung ist es dann wirklich schwer im Leben. Oft hören Sinti und Roma dann auch noch, dass sie selbst schuld sind an ihrer schlechten Lage. Also verschweigen Sinti und Roma ihre Herkunft oft, um bessere Möglichkeiten in der Schule, im Job oder bei der Wohnungssuche zu bekommen. In einer offenen und inklusiven Gesellschaft darf das nicht die Lösung sein.

Anti-Ziganismus gemeinsam bekämpfen

Damit Sinti und Roma ein ganz selbstverständlicher Teil der Gesellschaft werden können, müssen wir alle etwas tun. Wir brauchen erfolgreiche Vorbilder: zum Beispiel Professor*innen, Politiker*innen, Sportler*innen, Firmengründer*innen, die offen über ihre Herkunft als Sinti und Roma reden. Sie können zeigen, dass die viele Vorurteile nicht stimmen. Das kann auch dazu führen, dass mehr Sinti und Roma sich trauen, über ihre Herkunft zu sprechen. Und je mehr Sinti und Roma sichtbar werden, desto schneller sind sie ein ganz selbstverständlicher Teil unserer Gesellschaft.

Wichtig ist auch die Anerkennung der Sinti und Roma als Teil der deutschen Bevölkerung: 1998 wurden die Sinti und Roma als nationale Minderheit in Deutschland von der deutschen Bundesregierung anerkannt. Zur Anerkennung gehört auch die Erinnerung an die Verbrechen im Nationalsozialismus. Mit einem Denkmal in Berlin gedenken wir der 500.000 Sinti und Roma, die im von den Nazis besetzten Europa ermordet wurden. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma setzte sich für diese Anerkennung und das Denkmal ein. Noch wichtiger war, dass uns Menschen aus der Gesellschaft und aus der Politik von Anfang an dabei unterstützt haben.

Auch wenn seit dem Beginn der Bürgerrechtsarbeit in Deutschland politisch viel erreicht wurde, so gibt es noch immer Rahmenbedingungen, die für eine gleichberechtigte Teilhabe der Sinti und Roma ausgebaut werden müssen.

In Deutschland gibt es vier nationale Minderheiten. Neben den Sinti und Roma sind das die Dänen, die Friesen und die Sorben. Der Schutz und die Förderung dieser vier nationalen Minderheiten Deutschlands ist bis jetzt noch nicht in den Landesverfassungen aller Bundesländer verankert. Der Zentralrat fordert die Aufnahme der nationalen Minderheiten ins Grundgesetz der Bundesrepublik.

Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma fordert auch, dass Sinti und Roma in Rundfunkräten und Landesmedienanstalten mitentscheiden können. In Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen ist diese Forderung schon umgesetzt worden.

Beitrag im Newsletter Nr. 6 vom 24.3.2022
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Thomas Baumann ist Politischer Referent beim Zentralrat Deutscher Sinti und Roma e.V


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