Beitrag im Newsletter Nr. 11 vom 3.6.2021

Datenschutz und Datensicherheit als Grundrechtsschutz

Teresa Staiger und Dana Milovanovic

Inhalt

Dialogforum »Datenschutz und Datensicherheit«
Policy Paper
Datenschutz und Datensicherheit als Grundvoraussetzung für Souveränität im Digitalen Wandel
Bewusstsein stärken, Know-how ausbauen, Infrastruktur einfordern
Last but not least: Dialogforum »Digitalisierung und Demokratieentwicklung«
Autorinnen
Redaktion

Dialogforum »Datenschutz und Datensicherheit«

Das dritte Dialogforum zum Schwerpunktthema Datenschutz und Datensicherheit des »Forums Digitalisierung und Engagement« fand am 27. April 2021 in kleiner, aber feiner Runde statt. Datenschutz und Datensicherheit sind zentrale Begriffe der Digitalisierung und haben ganz praktische Auswirkungen auf die Arbeit der bürgerschaftlich Engagierten. Sie sind für zivilgesellschaftliche Organisationen besonders im Hinblick auf die vielen personenbezogenen und teilweise sensiblen Daten, die bei der täglichen Arbeit entstehen, essentiell. Viele Organisationen fühlen sich durch den Datenschutz in ihrem Engagement eher eingeschränkt als unterstützt. Deswegen legte das Projekt den Fokus vor allem auf die positiven Aspekte des Datenschutzes und auf die Frage, wie sich die organisierte Zivilgesellschaft für einen datenschutzfreundlichen und sicheren Umgang mit Daten einsetzen und somit den Grundrechtschutz deutlich einfordern kann.

Die Leitfrage »Umgang mit Daten: Datenschutz als Grundrechtsschutz?« bestimmte die Diskussion und auch das Policy Paper. Dieses war durch das Projektteam im Vorhinein erarbeitet worden, um zusammen mit den Teilnehmenden besonders an den Handlungsempfehlungen weiterzuarbeiten.

Policy Paper

Datenschutz und Datensicherheit ist ein Themengebiet, dem oftmals ein schlechter Ruf vorauseilt. Das Policy Paper des »Forum Digitalisierung und Engagement« legte deswegen den Fokus auf die positiven Aspekte der beiden Themen, nämlich: Datenschutz und Datensicherheit als Grundrechtsschutz. Doch zuerst: Warum muss sich das bürgerschaftliche Engagement überhaupt mit dem Themenfeld »Umgang mit Daten« beschäftigen? An zwei »Baustellen« wird die Relevanz deutlich: zum einen die personenbezogenen Daten von Mitgliedern, Haupt- und Ehrenamtlichen, die es im digitalen Wandel zu schützen gilt. Das muss eine zentrale Aufgabe für jede gemeinnützige Organisation sein, da es hier um die Sicherung demokratischer Grundbedingungen, die Abwehr wirtschaftlichen Schadens und die Bewahrung der Reputation von Vereinen, Verbänden und Initiativen geht. Zum anderen hat die massive Zunahme datengetriebener Geschäftsmodelle mittlerweile auch Auswirkungen auf die meisten gemeinnützigen Organisationen, die diese Dienste benutzen. Dadurch werden in erheblichem Maße personenbezogene Daten erhoben und damit auch massenhaft Datenschutz- und Datensicherheitsprobleme produziert.

Der Diskurs, vor allem um Datenschutz, war und ist nach wie vor von Unverständnis und teilweise einer gewissen Sorglosigkeit geprägt. Die Einführung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) im Mai 2018 sorgte auch in der organisierten Zivilgesellschaft für große Aufregung. Vereine, Organisationen und Initiativen schienen auf einmal zu bemerken, dass ihr Umgang mit Daten bisher unzureichend war. Viele Aktive sahen sich erstmals mit zunächst unverständlichen und sperrig erscheinenden Aspekten des Datenschutzes, wie etwa dem einer wirksamen Einwilligungserklärung, Datenschutzerklärungen für Websites oder gar Dokumentationspflichten konfrontiert. Sanktionen und erwartete Abmahnwellen machten Angst und riefen Unverständnis hervor. Der Eindruck war, Datenschutz bedrohe das bürgerschaftliche Engagement und sei sowohl ein Hindernis als auch eine Gängelung für zivilgesellschaftliche Organisationen oder am Ende gar unnütz.

Dieser Eindruck ist angesichts der Komplexität des Themas verständlich, dennoch sollte die Zivilgesellschaft den Datenschutz stärker als Chance begreifen und das auch gegenüber staatlichen Akteuren vertreten und einfordern: In einer Welt, die zunehmend von Daten dominiert wird, kann durch den Fokus auf Datenschutz Vertrauen in Staat und Wirtschaft, aber auch in zivilgesellschaftliche Organisationen gestärkt werden. Datenschutz und die DSGVO müssen als eine bürgerrechtliche Errungenschaft, die die Grundrechte (z. B. das auf informationelle Selbstbestimmung) schützt, und nicht als lästiger Auswuchs von Bürokratie verstanden werden.

Datenschutz und Datensicherheit als Grundvoraussetzung für Souveränität im Digitalen Wandel

Im Policy Paper werden zwei Dimensionen analysiert und Stellschrauben identifiziert, mit denen Datenschutz und Datensicherheit verstärkt als Grundvoraussetzung für Souveränität im Digitalen Wandel implementiert werden kann. Zum einen bedarf es eines Ausbaus des technischen Knowhows im Engagement, damit Menschen handlungsfähig gemacht werden, ihr Urteilsvermögen gestärkt und ihre bisherige Sorglosigkeit im Umgang mit Daten durch eine kompetente und souveräne Umgangsweise ersetzt wird. Darüber hinaus kann es sinnvoll sein, in den Organisationen eine Person zu benennen, die etwa als »Datenschatzmeister*in« fungiert. Diese Person, gestützt durch den Vorstand und durch die Mitglieder, sollte das notwendige technische Know-how durch Fortbildungen erlangen können, um dann ein Datenschutzkonzept, zugeschnitten auf die Bedarfe der jeweiligen Organisation, zu erarbeiten. Neben dem technischen Know-how braucht es darüber hinaus mehr Informationsangebote und Kompetenzaufbau. Eine dritte Stellschraube ist die Kommunikation, mit der den Engagierten der Mehrwert, die Sicherheit und der Grundrechtschutz verdeutlicht werden kann, die ihnen ein angemessener und sinnvoller Datenschutz bietet – als Engagierte und als Bürger*innen.

Neben Kompetenzaufbau und Informationsangeboten ist weiterhin ein Dialog auf Augenhöhe über das Thema nötig, um sich auszutauschen, um Unsicherheiten zu reduzieren und um so abermals für die Wichtigkeit von Datenschutz und Datensicherheit zu sensibilisieren. Digitalisierungsprozesse sind in vielerlei Hinsicht – ob gesellschaftlich, wirtschaftlich, oder sozial – so einschneidend, dass sie besonders den Diskurs mit der Zivilgesellschaft benötigen. Eine positive Kommunikation im öffentlichen Diskurs ist unumgänglich. Das Ziel sollte sein: Eine sichere und selbstbestimmte Nutzung von digitalen Diensten und Technologien im Engagement und in der Gesellschaft.

Die zweite Dimension ist die politische: zum einen kann durch regulatorische Anpassungen die DSGVO für Gemeinnützige leichter handhabbar werden, zum anderen bedarf es strengerer, rechtlicher Vorgaben an Soft- und Hardware-Hersteller*innen. Im Spannungsfeld zwischen berechtigten Datenschutzanliegen auf der einen und den Bedenken und Sorgen aufgrund fehlender Kompetenzen und Ressourcenmangel der ehrenamtlichen Akteure auf der anderen Seite muss die Politik etwa durch finanzielle und/oder personelle Unterstützung und Ausnahmeregelungen Erleichterung schaffen. Des Weiteren muss die Politik im Diskurs über digitale Souveränität eine prägendere Rolle übernehmen, etwa durch positive Kommunikation, vermehrte Anwendung von Open-Source-Lösungen und Förderung derselben. Es ist wichtig für die digitale Souveränität Deutschlands und der EU, dass die öffentliche Hand die digitale Infrastruktur nicht einfach der Privatwirtschaft überlässt.

Bewusstsein stärken, Know-how ausbauen, Infrastruktur einfordern

Auch in Zukunft wird es weiterhin und verstärkt darum gehen, Strukturen und das Bewusstsein zu schaffen, um es gemeinnützigen Organisationen und Initiativen zu ermöglichen, im Umgang mit Daten kompetent, souverän und sicher zu agieren und den Digitalen Wandel mitzugestalten. Es bedarf einer aktiven, digital souveränen Zivilgesellschaft im Digitalisierungsdiskurs, um eine gemeinwohlorientierte Software- und Datennutzung zu realisieren. Nur so kann der Aufbau eines digitalen, der Allgemeinheit dienenden Ökosystems gelingen.

Gemeinsam mit den Teilnehmenden des Dialogforums wurden eine Reihe von Handlungsempfehlungen für die Bürgergesellschaft, aber auch gegenüber Politik und Wirtschaft erarbeitet und diskutiert. Das Policy Paper in seiner Endfassung mit den ausdifferenzierten Handlungsempfehlungen wird im Juni 2021 in der BBE-Reihe »Forum«, zusammen mit der Expertise von Dr. Daniel Burchardt und den Kommentierungen von Prof. Ulrich Kelber (Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit) sowie von Jochim Selzer (Chaos Computer Club e. V.), publiziert.

Zur BBE-Reihe »Forum«

Last but not least: Dialogforum »Digitalisierung und Demokratieentwicklung«

Im »Forum Digitalisierung und Engagement« gilt die Maxime »Nach dem Dialogforum ist vor dem Dialogforum« noch ein letztes Mal: am 15. und 16. Juni 2021 findet das vierte Dialogforum zum Themenschwerpunkt »Digitalisierung und Demokratieentwicklung« in Kooperation mit der Freiwilligen-Agentur Leipzig statt. Dass die Digitalisierung nicht nur demokratiestärkend wirkt, ist in den letzten Jahren offensichtlich geworden, aber was bedeutet das für die engagierte demokratische Zivilgesellschaft? Das vierte Themenfeld des »Forums Digitalisierung und Engagement« behandelt die Chancen und Risiken der Digitalisierung für die Demokratieentwicklung, z. B. die Kommunikation im Netz, die durch »Hate Speech« und »Fake News« eine neue Qualität entwickelt hat und droht, unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung zu gefährden. Welche Herausforderungen ergeben sich diesbezüglich für die organisierte Zivilgesellschaft? Wie lässt sich der digitale Raum so nutzen, dass die Verfassung geschützt und Partizipationsprozesse (etwa digitale Teilhabe, Open Government, Open Data) gestaltet werden können? Diese Themen sollen auf dem zweitägigen Dialogforum am 15. und 16. Juni 2021 diskutiert und Handlungsempfehlungen und Ziele formuliert werden, sodass der Digitale Wandel gemeinwohlorientiert und demokratisch gestaltet werden kann! Neben der inhaltlichen Diskussion des Policy Papers und der Ausarbeitung von Handlungsempfehlungen wird die Expertise von Prof. Dr. Jeanette Hofmann vorgestellt werden. Des Weiteren wird eine Podiumsdiskussion mit Timo Reinfrank, (Amadeu Antonio Stiftung), Steven Hummel (Engagierte Wissenschaft e.V. / Projekt Chronik.le), Martina Glass (Netzwerk für Demokratische Kultur Wurzen) und Henry Lewkowitz (Erich-Zeigner-Haus e.V.) stattfinden. Eine Anmeldung zum Dialogforum ist noch bis zum 04. Juni 2021 über die Beteiligungsplattform des Forums möglich.

Anmeldung zum Dialogforum


Beitrag im Newsletter Nr. 11 vom 3.6.2021
Für den Inhalt sind die Autor*innen des jeweiligen Beitrags verantwortlich.

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Autorinnen

Teresa Staiger ist Referentin im Projekt »Forum Digitalisierung und Engagement« des BBE. Zuvor war sie am Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme tätig. Sie hat ihr Studium an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz und Cardiff University (B.A. Politikwissenschaft und Geschichte) und an der Philipps-Universität Marburg (M.A. Politikwissenschaft) absolviert. Sie interessiert sich besonders für eine gemeinwohlorientierte Digitalisierung, die durch eine digital souveräne und engagierte Zivilgesellschaft begleitet wird.

Kontakt: teresa.staiger@b-b-e.de

Dana Milovanovic ist Referentin im Projekt »Forum Digitalisierung und Engagement« des BBE. Sie verfügt über einen Bachelor-und Masterabschluss der Europa-Universität Viadrina in den Fächern Kulturwissenschaften und Soziokulturelle Studien. In der Digitalisie-rung sieht sie großes Potential für das bürgerschaftliche Engagement und dessen nachhaltige Weiterentwicklung. Das Forum stellt für sie ein essentielles Austauschformat der Zivilgesell-schaft zu den drängenden Fragen in Bezug auf den Digitalen Wandel dar.

Kontakt: dana.milovanovic@b-b-e.de

Weitere Informationen:

Kontakt: info@forum-digitalisierung.de

Website: www.forum-digitalisierung.de

Twitter: @BBE_Forum


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