Newsletter Nr. 25 vom 15.12.2022

Der Zukunftsgipfel Klima-Engagement – ein Konferenzbericht

Dr. Serge Embacher

Inhalt

Der Zukunftsgipfel im Programm ENGAGIERT FÜR KLIMASCHUTZ
Die Rolle der Zivilgesellschaft im Zusammenspiel mit Staat und Wirtschaft
Dialogforen zu Kernthemen
Wir haben es in der Hand
Ideen für den Klimaschutz
Ausblick – Wie weiter im Programm?
Endnoten
Autor
Redaktion

Der Zukunftsgipfel im Programm ENGAGIERT FÜR KLIMASCHUTZ

Am 27. und 28. September 2022 fand in Essen bei der Stiftung Mercator der Zukunftsgipfel Klima-Engagement statt. Es war – nomen est omen – die erste Höhepunktveranstaltung im Rahmen des Programms ENGAGIERT FÜR KLIMASCHUTZ, welches noch bis ins Jahr 2025 laufen soll. Die Online-Konferenz bewegte sich entlang der Grundidee des Projekts, welches die fachliche, politische und organisationale Weiterentwicklung des Themenfelds Klimaschutz im BBE und darüber hinaus befördern soll. Dabei geht es um Kooperationen und klimapolitische Allianzen und den Austausch zwischen Organisationen, die gemeinsam beim Thema Klimaschutz aktiv sind oder sein wollen. Die Frage lautet, wie man das Thema Klimaschutz über die bisherige Debatte hinaus möglichst breit streuen kann. Klimaschutz duldet nicht nur keinen Aufschub, sondern ist im anspruchsvollen Sinne auch nur mit einer gesamtgesellschaftlichen Anstrengung zu bewerkstelligen. Dieser Leitmelodie folgten alle Teile der Veranstaltung, die aus Sicht des Programmbüros im BBE eine möglichst breite Auffächerung des Themas zum Ziel hatte.

Die Rolle der Zivilgesellschaft im Zusammenspiel mit Staat und Wirtschaft

In seinem Eröffnungsimpuls arbeitete Adalbert Evers, Emeritus für Vergleichende Gesundheits- und Sozialpolitik an der Universität Gießen und einer der Doyens der engagementpolitischen Debatte hierzulande, anhand einer Untersuchung zu acht Kommunen in Baden-Württemberg die Rolle der Bürgergesellschaft bei der Entwicklung von lokaler Klimapolitik heraus. Dabei ging er insbesondere auf die Frage nach Kooperationspotenzialen vor Ort ein und unterschied sehr hilfreich zwischen horizontaler und vertikaler Kooperation. Es ist bezüglich der Rahmenbedingungen, der Aushandlungs- und der Machtverhältnisse eben ein erheblicher Unterschied, ob man unter Kooperation für Klimaschutz die Zusammenarbeit von gemeinnützigen Organisationen (horizontal) oder die zwischen Bürgergesellschaft und Kommune (vertikal) versteht. Jedenfalls wurde schon hier die Frage in den Raum gestellt, ob nicht der Klimaschutz als ein eigenes Engagementfeld betrachtet werden müsste, in dem lokale, regionale oder auch überregionale Kooperationen eine besondere Rolle spielen sollten.

Das darauffolgende Panel schloss daran an, indem diskutiert wurde, welche positiven Ansätze einer neuen, auf Kooperation und Engagement basierenden Klimapolitik denkbar wären oder bereits sichtbar sind. Christian Siegel vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und Astrid Schaffert (Caritas) beschrieben die wachsende Bedeutung von Klimaschutzthemen für ihre Verbände sowie die konkreten Schritte, die bislang gegangen wurden. Thomas Pinger von der Firma ZINQ, die im Korrosionsschutz für Stahl durch Verzinkung ihr Geschäftsfeld hat, stellte die Bemühungen um nachhaltige Produktionsmethoden dar, die das Unternehmen schon seit 30 Jahren unternimmt. Das Panel zeigte, dass es beim Thema Klimaschutz tatsächlich gesamtgesellschaftlicher Anstrengungen bedarf. Es zeigte aber auch, dass wir – im Sinne der Gründungsidee des BBE – noch weit von sektorübergreifenden Kooperationen (Bürgergesellschaft, Staat, Wirtschaft) entfernt sind, die systematisch und abgestimmt daherkommen. Hier liegt eine wichtige Aufgabe des Programms ENGAGIERT FÜR KLIMASCHUTZ.

Dialogforen zu Kernthemen

Anschließend wurden in fünf Dialogforen die Kernthemen der Debatte behandelt. Dabei ging es um Organisationsentwicklung hin zum Klimaschutz, um Gelingensbedingungen für gute Kooperationen, gesellschaftliche Vielfalt und Inklusion für Klimaschutz, die Bürgergesellschaft als Lernort für klimasensibles Handeln und die Kraft von bürgerschaftlichen Allianzen, wenn es darum geht, neue klimapolitische Impulse zu setzen. Die Dialogforen wurden am zweiten Tag fortgesetzt. Sie hatten zunächst die Aufgabe, das Thema zu umreißen und möglichst viele Teilaspekte zu benennen. Das Projekt-Team im BBE ist derzeit damit beschäftigt, aus den Ergebnissen jeweils kleine Positionspapiere (Policy Papers) zu entwickeln, die im kommenden Frühjahr bei der nächsten Runde der Dialogforen weiterdiskutiert und abgestimmt werden sollen. Am Ende dieses Teilprozesses soll ein Katalog von Handlungsempfehlungen für Politik, Wirtschaft und Bürgergesellschaft stehen, der beim zweiten Zukunftsgipfel Klima-Engagement im Sommer 2024 Gegenstand der Debatte sein wird.

Wir haben es in der Hand

Der zweite Konferenztag begann mit einem Impuls von Maike Sippel, Professorin für Nachhaltige Ökonomie an der Hochschule Koblenz. Dabei ging es in einem leidenschaftlichen Vortrag darum herauszustellen, wie ernst die Lage um den Klimawandel mittlerweile geworden ist. Zudem unterstrich Maike Sippel anhand vieler praktischer Beispiele, dass wir es nach wie vor in der Hand haben, die schlimmsten Folgen der Entwicklung abzuwenden bzw. uns in angemessener Weise auf den Umgang mit den Folgen des Klimawandels einzustellen.

Linda Ammon (Allianz für Bürgerbeteiligung Baden-Württemberg), Ralf Elsässer (CivixX – Werkstatt für Zivilgesellschaft) und Tobias Kemnitzer (Bundesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen – bagfa) diskutierten im anschließenden zweiten Panel unter dem Titel »Vom Konflikt zur Kooperation – Klimaschutz in den Regionen« die Frage, wie Klimaschutz vor dem Hintergrund unterschiedlicher regionaler Bedingungen als ein verbindendes, im gesamtgesellschaftlichen Interesse liegendes Thema etabliert werden kann. Dabei wurden unter anderem Fragen formuliert nach der »richtigen« Art der Bürgerbeteiligung, nach einer Professionalisierung auch des ehrenamtlichen Klimaschutzes, nach Coaching und Unterstützung für engagierte Organisationen und nach geeigneten Schritten Richtung Engagement für Klimaschutz auch für solche Vereine, Verbände und Initiativen, die sich hier bislang noch nicht aktiv gezeigt haben.

Ideen für den Klimaschutz

Um das ganze Thema mit praktischen Beispielen zu unterlegen, wurden in einem eigenen Programmpunkt die fünf Siegerprojekte aus der ersten Runde des Ideenwettbewerbs vorgestellt, den das BBE zusammen mit der Stiftung Mercator ausgelobt hatte. Nähere Informationen zu den Projekten »Interaction – Für mehr Klimaschutz im und durch Sport«, »Green Hijab Denkfabrik«, »Netzwerk Engagement und Nachhaltigkeit für Klima«, »Cooperations for Future« und »Gemeinsam engagiert für’s Klima« finden sich auf der Homepage des Programms ENGAGIERT FÜR KLIMASCHUTZ. [1]

Ideen für den Klimaschutz hatte – freilich aus einer ganz anderen Perspektive – auch Kathrin Henneberger (MdB, Bündnis 90 / Grüne), die in einem Gespräch mit der sehr umsichtigen und gut informierten Moderatorin Boussa Thiam eine Linie vom lokalen Engagement bis hin zu europäischen und globalen Perspektiven im Klimaschutz zog. Schon ihre eigene Vita konnte hier als Beispiel dienen. Kommt sie doch als Aktivistin der Klimaschutzbewegung aus dem niederrheinischen Garzweiler, wo eines der größten Braunkohletagebaugebiete schon seit Jahrzehnten und noch bis 2030 nicht nur die klimaschutzpolitischen Gemüter bewegt. Im Bundestag setzt sich Kathrin Henneberger jetzt für eine möglichst schnelle Transformation zu Nachhaltigkeit und Klimaschutz ein und weiß aus ihrer eigenen Erfahrung, wie wichtig die häufig konfliktgeladene Kooperation zwischen Bürgergesellschaft, Wirtschaft und Staat ist.

Das dritte und letzte Panel der Veranstaltung wurde als virtuelle Fishbowl-Diskussion durchgeführt. Christiane Overkamp (Stiftung Umwelt und Entwicklung Nordrhein-Westfalen), Anna Schwanhäußer (Togehter for Future) und Holger Krimmer (Zivilgesellschaft in Zahlen – ZiviZ) sprachen über »Gute Rahmenbedingungen für bürgerschaftliches Engagement im Klimaschutz« und zeigten durch ihre Beiträge die hochgradige Relevanz auch scheinbar kleinteiliger Themen wie Förderbedingungen der öffentlichen Hand und organisationaler Voraussetzungen für Klimaschutz-Initiativen. Letztlich geht es beim Engagement für Klimaschutz auch um eine verlässliche Infrastruktur, bestehend aus Förderbedingungen, Gemeinnützigkeitsaspekten, Organisationsformen, Anlaufstellen und Engagementanreizen, deren Ausbau auch die sonstige engagementpolitische Diskussion bestimmt. Die seit Jahren anhaltende Zähigkeit der staatlichen Engagementpolitik, die auch im Rahmen einer demnächst neu zu verhandelnden Bundesengagementstrategie wieder einmal aufgerufen werden wird, spielt mitten in den Klimaschutz hinein. Generell gilt aber, dass das Engagement für den Klimaschutz weder warten kann noch will, bis sich Rahmenbedingungen verbessert haben. Das Panel zeigte jedenfalls sehr gut auf, wo hier die offenen Baustellen liegen und wo das BBE-Projekt künftig weitermachen muss.

Ausblick – Wie weiter im Programm?

Wie geht es weiter? Die Panels und Impulse des Zukunftsgipfels Klima-Engagement sind ab jetzt auf der Projekt-Homepage verfügbar. [2] Die Dialogforen werden in der beschriebenen Weise fortgesetzt. Ihre Ergebnisse beziehungsweise die Policy Papers zu den fünf Kernthemen werden auf einer kleineren Konferenz im Frühsommer 2023 in Berlin vorgestellt und diskutiert. Den Weg zum zweiten Zukunftsgipfel 2024 begleiten weitere im Programm vorgesehene Formate wie die zweite Runde des Ideenwettbewerbs (Ausschreibung ist bereits veröffentlicht), Fachwerkstätten (Kultur und Klimaschutz, Sport und Klimaschutz, Engagement-Infrastruktur und Klimaschutz und weitere), Regionalgipfel nach dem Vorbild des ersten im vergangenen September in Halle und vieles mehr. Zentral bleibt das Thema Kooperation und Vernetzung, bei dem es unter anderem darauf ankommt, den Sektor Wirtschaft und Arbeit viel stärker einzubinden und auch das Zusammenspiel von Kommunen und Klimaschutz-Engagement zu stärken. Dank und Anerkennung gilt schließlich dem Klimateam des BBE (Charlotte Dase, Elisabed Abralava, Dominik Schlotter und Leonie Malchow), das die technisch und organisatorisch sehr anspruchsvolle Konferenz professionell und mit der nötigen Gelassenheit möglich gemacht hat.


Endnoten

[1] Ideenwettbewerb – Engagiert für Klimaschutz: https://engagiert-fuer-klimaschutz.de/ideenwettbewerb/

[2] https://engagiert-fuer-klimaschutz.de/zukunftsgipfel-klima-engagement-2022/


Beitrag im Newsletter Nr. 25 vom 15.12.2022
Für den Inhalt sind die Autor*innen des jeweiligen Beitrags verantwortlich.

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Autor

Dr. Serge Embacher, Politikwissenschaftler und Publizist, arbeitet als leitender Referent in der Geschäftsstelle des Bundesnetzwerks Bürgerschaftliches Engagement (BBE).

Kontakt: serge.embacher@b-b-e.de


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