Europa-Nachrichten Nr. 7 vom 15.8.2017
Die BBE Europa-Nachrichten zu »Newsletter für Engagement und Partizipation« bieten monatlich Informationen und Hintergrundberichte zu europäischen Fragen der Engagementpolitik und -förderung, Gastbeiträge namhafter Europaexpert*innen sowie Hinweise auf internationale Beteiligungsverfahren.
SCHWERPUNKT: RECHTSRAHMEN UND ZIVILGESELLSCHAFT
Kofler, MdB: Wie reagieren auf shrinking spaces?
Strachwitz: Übergang zur europäischen Zivilgesellschaft
Eschke/ Würth: »Auch wenn wir es nicht wahrhaben wollen«
Wöffen: Überlegungen zum (fehlenden) Europäischen Vereinsstatut
Meissler: NGOs - Die fünfte Gewalt?
Poppe/ Wolff: Closing Spaces und Open Door
Chikhladze: NGO Gesetze im Südkaukasus
Güzeldere: Zivilgesellschaft in der Türkei
Harneit-Sievers: Einschränkungen für Indiens Zivilgesellschaft
EUROPÄISCHE ENGAGEMENTPOLITIK UND -FÖRDERUNG AKTUELL
Europäisches Kulturerbejahr 2018
Kritik an geplanten NGO-Gesetzen in der Ukraine
NGO-Gesetze in Israel: Antwort der Bundesregierung
EuGH: Zwiespältiges Gerichtsurteil zur Transparenz
G20 und »shrinking spaces for civil society«
INTERNATIONALE BETEILIGUNGSVERFAHREN
Gemeinsame Agrarpolitik: Konsultationsresultate
TTIP-EBI: Offizielle Registrierung nach drei Jahren
AKTUELLES AUS DEM BBE UND VON EUROPÄISCHEN PARTNERN
EUD/JEF-Kampagne zur Bundestagswahl 2017
DRA: MultiplikatorInnenprogramm Belarus/ Russland
Verleihung des Europäischen Bürgerpreises 2017
On y va - auf geht’s - let’s go!: Neue Chance für Förderung
SCHWERPUNKT: RECHTSRAHMEN UND ZIVILGESELLSCHAFT
Kofler, MdB: Wie reagieren auf shrinking spaces?
Wie kann man darauf reagieren, dass weltweit zivilgesellschaftliche Organisationen immer stärker von staatlicher Gesetzgebung gezielt reglementiert und in ihren Tätigkeitsfeldern eingeschränkt werden? Das ist das Thema des Beitrages von Dr. Bärbel Kofler, Mitglied des Bundestages und seit März 2016 Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe. Konkret stellt sie dar, wie die Bundesregierung im Rahmen internationaler Organisationen bzw. durch förderpolitische Maßnahmen versucht, international die Zivilgesellschaft zu unterstützen, ohne diese zu funktionalisieren. Allerdings müsse man auch sehen, dass mittlerweile schon die Legitimierung und Schutzwirkung für NGOs durch externe, internationale Förderung in Ländern wie Russland oder Indien durch entsprechende Gesetzgebungen angegriffen wird. Deshalb wird es auch darauf ankommen, dass »shrinking spaces« der Zivilgesellschaft durch ein »creating spaces« beantwortet wird: »Ein wichtiges Stichwort hierbei ist ›creating spaces‹: Zivilgesellschaftliche Akteure sollten immer wieder ermutigt werden, zu versuchen, sich neue Räume zu schaffen, mit Themen, die auf den ersten Blick unpolitisch scheinen, aber großes Potenzial für gesellschaftlichen Wandel bieten, wie Bildung oder Gesundheit.«
Beitrag von Dr. Bärbel Kofler, MdB (PDF, 630 kB)
Strachwitz: Übergang zur europäischen Zivilgesellschaft
Der Übergang von der Zivilgesellschaft in Europa zur europäischen Zivilgesellschaft ist das Thema des Beitrages von Dr. phil. Rupert Graf Strachwitz, Vorstand der Maecenata Stiftung in München und Direktor des Maecenata Instituts für Philanthropie und Zivilgesellschaft in Berlin. Er skizziert widersprüchliche Befunde: Einerseits geht es dem europäischen Projekt besser als noch vor einem Jahr, doch um so mehr macht sich bemerkbar, wie wenig jenseits von Leerformeln wie »Europa der Vaterländer« vs. »Vereinigte Staaten von Europa« politisch-konzeptionell über Europas Zukunft nachgedacht wird. Die Arena der Zivilgesellschaft, in der etwas Weiterführendes entstehen könnte, wird mit Macht von den nationalen Regierungen aus europäischen Belangen herausgehalten oder, wie im Fall des Sports, nationalistisch funktionalisiert. Europäische rechtliche Rahmenbedingungen werden blockiert bzw. bleiben national ausgerichtet, wie Stiftungsstatut, Vereinsstatut und Spendenrecht. Ohne eine europäisierte Zivilgesellschaft als Ausdruck der Selbstorganisation eines europäischen Demos wird aber Europa nicht weiterkommen: »Es liegt an der Zivilgesellschaft selbst, sich zu europäisieren. Der Rahmen ist dafür nicht die Voraussetzung; er wird folgen.«
Beitrag von Dr. Rupert Graf Strachwitz (PDF, 628 kB)
Eschke/ Würth: »Auch wenn wir es nicht wahrhaben wollen«
Die Einengung zivilgesellschaftlicher Handlungsspielräume in Europa ist Thema des Beitrages von Nina Eschke, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Internationale Menschenrechtspolitik am Deutschen Institut für Menschenrechte und Dr. Anna Würth, Leiterin der dortigen Abteilung Internationale Menschenrechtspolitik. Auch wenn das Thema »shrinking space« vor allem den Globalen Süden zu betreffen scheint, wird zivilgesellschaftliches Handeln ebenso in europäischen Ländern schwieriger. Manchmal handelt es sich um schnelle Erosionsprozesse wie in der Türkei, manchmal um schleichende wie in Ungarn oder auch Frankreich. Umso wichtiger ist es für die Autorinnen, dass Europa diese Entwicklung auch innerhalb seiner Grenzen zur Kenntnis nimmt und wirksam dagegen vorgeht. Allerdings wird dies auch von der Zivilgesellschaft selbst abhängen: »Angesichts der Tiefe der Eingriffe gegen die Zivilgesellschaft auch in Europa ist sobald keine Trendumkehr zu erwarten. Doch vielerorts entstehen neue soziale Bewegungen, Initiativen und Protestformen. Ihre Stärke beziehen sie häufig daraus, dass sie lokal wirken können und wollen, neue Allianzen schmieden und den Kampf gegen soziale und wirtschaftliche Ausgrenzung aufnehmen.«
Beitrag von Nina Eschke und Dr. Anna Würth (PDF, 629 kB)
Wöffen: Überlegungen zum (fehlenden) Europäischen Vereinsstatut
Das fehlende Europäische Vereinsstatut ist das Thema des Beitrages von Tim Wöffen, Rechtsanwalt und Unterstützer des World Federalist Movement und des World Orders Forum. Er stellt dar, woran die bisherigen Versuche gescheitert sind und warum es gleichwohl überfällig ist, dass ein Europäisches Vereinsstatut kommt. Dies würde der eigentlich in den europäischen Verträgen garantierten Vereinigungsfreiheit endlich ein einfaches Instrument jenseits wirtschaftlicher Tätigkeiten geben können. Dadurch würde die Unionsbürgerschaft eine konkretere Form erhalten und den Weg zu einer europäischen Zivilgesellschaft erleichtern, wenn auf eines geachtet wird: »Absolute Priorität sollte haben, dass die Gründung und Führung des europäischen Vereins einfach, unkompliziert und kostengünstig möglich ist. Denn es ist diese Einfachheit, die überhaupt erst die Attraktivität von Vereinen ausmacht.«
Beitrag von Tim Wöffen (PDF, 671 kB)
Meissler: NGOs - Die fünfte Gewalt?
Versuche wirtschaftlicher und politischer Interessengruppen, NGOs in Deutschland und Europa zu delegitimieren, sind das Thema von Christine Meissler, Referentin für den Schutz der Zivilgesellschaft bei Brot für die Welt. Sie berichtet insbesondere von einer gegen NGOs wie Foodwatch und Greenpeace gerichteten Tagung des Magazins Novo am 19. Juli 2017, die von der Ernährungs- und der Tabakindustrie finanziert wurde. Forderungen nach einer »NGO-Watch« in Deutschland wurden formuliert. Zugleich zieht sie Verbindungslinien zu einzelnen politischen Aktivitäten im Europäischen Parlament und zu Herausforderungen und Entwicklungen von Ermittlungen wegen Landesverrats gegen JournalistInnen bis zu einer politischen Instrumentalisierung der Abgabenordnung.
Beitrag von Christine Meissler (PDF, 626 kB)
Poppe/ Wolff: Closing Spaces und Open Door
Die Legitimität der Beschränkung internationaler Zivilgesellschaftsförderung ist das Thema des Beitrages von Dr. Annika Elena Poppe, Projektleiterin am Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) und Koordinatorin des von der Leibniz-Gemeinschaft geförderten Forschungsnetzwerks »Externe Demokratisierungspolitik (EDP)« und Dr. Jonas Wolff, Vorstandsmitglied der HSFK und Leiter des Programmbereichs »Innerstaatliche Konflikte«. Der UN-Sonderberichterstatter für Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit Maina Kiai hatte die Begründungen von nationalen Staaten für die Einschränkung externer Zivilgesellschaftsförderung in ihren Ländern (Closing Spaces) als Ausreden bezeichnet. Gegen diese von den meisten nord-westlichen Regierungen gestützte Position argumentieren die AutorInnen und stellen sie als eine sehr spezielle Interpretation internationaler Normen dar, da nationale Souveränität und kollektive Selbstbestimmung noch immer Grundpfeiler unserer Weltordnung sind. Hinzu kommt die Erfahrung andauernden Paternalismus gegenüber dem globalen Süden und die Erinnerung an koloniale Vergangenheiten: »Als Ausgangspunkt einer solchen Diskussion sollten alle Seiten zunächst anerkennen, dass die externe Zivilgesellschaftsförderung ein besonderes Phänomen ist, das schwierige normative Fragen aufwirft.«
Beitrag von Dr. Annika Elena Poppe und Dr. Jonas Wolff (PDF, 650 kB)
Chikhladze: NGO Gesetze im Südkaukasus
NGO-Gesetze in den südkaukasischen Ländern Aserbaidschan, Armenien und Georgien sind das Thema von Davit Chikhladze, LL.M., Jurist und Doktorand an der Humboldt-Universität zu Berlin zur Europäisierung des Umweltstrafrechts in Georgien und Deutschland. Dabei zeigen sich im Vergleich teils ähnliche, teils sehr unterschiedliche Ansätze und Entwicklungen in den drei Transformationsstaaten. Erkennbar profitieren Georgien und die Zivilgesellschaft in Georgien vom Assoziierungsabkommen mit der EU, das auch eine Zusammenarbeit und Erfahrungsaustausch zwischen Zivilgesellschaften in der EU und Georgien einschließt. In Aserbaidschan haben sich dagegen Gesetze und Praxis gegen NGOs entwickelt. Für alle drei Länder stellt ein Problem dar, dass Traditionen des Ehrenamtes und der Freiwilligenarbeit fehlen. Internationale Förderpolitiken haben zudem dazu geführt, dass NGOs mit hauptamtlichen Strukturen gleichgesetzt werden: »Die ehrenamtlichen Vereine, die ohne finanzielle Förderung arbeiten, stellen eine Ausnahme dar. Das erleichtert es nationalistischen Kräften in allen südkaukasischen Regionen, zivilgesellschaftliche Initiativen als Westimport zu diskreditieren (W. Kaufmann)«.
Beitrag von Davit Chikhladze, LL.M. (PDF, 690 kB)
Güzeldere: Zivilgesellschaft in der Türkei
Die Lage der Zivilgesellschaft in der Türkei ist das Thema des Beitrages von Ekrem Eddy Güzeldere, politischer Analyst und Berater in Istanbul. Dabei skizziert er, wie dynamisch sich die Zivilgesellschaft seit 1980 mit heute über 110.000 registrierten Vereinen entwickelt hat, als der damalige Militärputsch neben politischen Parteien und Gewerkschaften auch alle Vereine und Stiftungen aufgelöst hatte. Das Vereinswesen widmet sich einer Vielzahl von Aktivitäten, wird allerdings geprägt von Vereinen von Berufsgruppen (31 Prozent), Sport (19,5 Prozent) und religiösen Vereinen (16,4 Prozent). Unter den Bedingungen des fortgesetzten Ausnahmezustandes verdüstert sich das Bild aber. Nicht nur wurden über 1.500 Vereine per Dekret verboten, sondern Unsicherheit und Tätigkeitsselbstbeschränkungen greifen um sich. Zugleich wachsen aber auch informelle Strukturen. Mittlerweile wird auch die Arbeit internationaler zivilgesellschaftlicher AkteurInnen untersagt bzw. es greifen Denunziationen um sich, etwa auch gegen deutsche Stiftungen. Hatte der damalige Ministerpräsident Erdoğan 2004 auf einer internationalen Konferenz noch unter großem Beifall gesagt, dass »ein Sicherheitsverständnis, das Freiheiten einschränkt, auf lange Sicht die Sicherheit gefährde«, muss man jetzt feststellen: »Für die Zivilgesellschaft in der Türkei ist beides ausgesetzt, Freiheit und Sicherheit.«
Beitrag von Ekrem Eddy Güzeldere (PDF, 625 kB)
Harneit-Sievers: Einschränkungen für Indiens Zivilgesellschaft
Aktuelle Einschränkungen der Handlungsspielräume für Indiens Zivilgesellschaft sind das Thema des Beitrages von Dr. Axel Harneit-Sievers, Leiter des Indien-Büros der Heinrich Böll Stiftung in Neu-Delhi. Dabei geht es zum Einen um den schon 1976 eingeführten Foreign Contributions Regulatory Act (FCRA), der 2010 verschärft wurde und seit 2014 mit dem Machtantritt der hindunationalistischen Regierung rigoroser angewandt wird. Dieser betrifft nur einen kleinen Teil der vielfältigen indischen Zivilgesellschaft, etwa Greenpeace im Umweltschutzbereich oder zwischenzeitlich internationale AkteurInnen wie die Ford Foundation. Zum Anderen skizziert er eine erkennbare Veränderung der gesellschaftspolitischen Atmosphäre durch eine hindunationalistische Übernahme vieler öffentlicher Ämter und aggressive Angriffe auf Minderheiten wie MuslimInnen oder ChristInnen: »Das Ausgreifen hindunationalistischer Kräfte in allen gesellschaftlichen Bereichen und vor allem die gewaltsamen Übergriffe der radikalen Rechten verschärfen gesellschaftspolitische Konflikte und haben begonnen, das gesellschaftliche Klima in Indien zu vergiften.«
Beitrag von Dr. Axel Harneit-Sievers (PDF, 635 kB)
EUROPÄISCHE ENGAGEMENTPOLITIK UND -FÖRDERUNG AKTUELL
Europäisches Kulturerbejahr 2018
Die Europäische Union erklärt 2018 zum Europäischen Kulturerbejahr, als Signal, dass Europa mehr als eine ökonomische Zweckgemeinschaft ist. Das Deutsche Nationalkomitee für Denkmalschutz (DNK) koordiniert im Auftrag von Bund, Ländern und Kommunen den deutschen Beitrag zum Europäischen Kulturerbejahr. Unter dem Motto SHARING HERITAGE wird das Europäische Kulturerbejahr in Deutschland von einer Vielzahl an Aktivitäten und Veranstaltungen geprägt sein, an denen sich zivilgesellschaftliche Organisationen beteiligen können. Das DNK sieht hier einen besonderen Bedarf für das Thema »grenzüberschreitendes Kulturerbe«, um es nachhaltig und breitenwirksam in der Gesellschaft zu verankern. Inhaltlich strukturiert sich das Jahr entlang von fünf Leitthemen: Europa - Austausch und Bewegung, Europa - Grenz- und Begegnungsräume, Die europäische Stadt, Europa - Erinnern und Aufbruch sowie Europa - Gelebtes Erbe. Alle Beiträge und Veranstaltungen rund um das Europäische Kulturerbejahr 2018 werden auf der digitalen Plattform sharingheritage.de präsentiert, in die zentrale Öffentlichkeitsarbeit eingebunden und dürfen das Corporate Design des Jahres nutzen. Das Online-Portal ging am 20. Juli 2017 mit einer Pressekonferenz online.
Weitere Informationen zu Sharing Heritage und zum Kulturerbejahr
Kritik an geplanten NGO-Gesetzen in der Ukraine
In einem Länderbericht von CIVICUS vom 31. Juli 2017 werden am 10. Juli 2017 ins Parlament eingebrachte Gesetzesvorhaben zur Kontrolle und Regulierung von NGOs in der Ukraine kritisiert. Die Berichtspflichten sollen deutlich erweitert und Verstöße härter sanktioniert werden. Marc Behrendt, Eurasia director at Freedom House, erklärte zu dem Vorhaben: »The legislation imitates efforts by authoritarian governments to limit the influence of civil society in the guise of promoting transparency. Transparency of NGOs is essential to their legitimacy and accountability, but this legislation would threaten the organizations’ ability to continue their work. President Poroshenko should fulfill his promises by consulting with Ukrainian civil society and the Council of Europe’s Venice Commission before proceeding with this legislation.«
Monitoring der Ukraine bei CIVICUS
NGO-Gesetze in Israel: Antwort der Bundesregierung
Die Bundesregierung hat eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/12473) über »Einschränkungen zivilgesellschaftlicher Rechte in Israel« und Auswirkungen verschiedener Gesetzesvorhaben auf die israelische Zivilgesellschaft mit Datum vom 21. Juni 2017 beantwortet (18/12865). Danach treten für Nichtregierungsorganisationen (NGO) in Israel Anfang 2018 neue Berichtspflichten in Kraft. Nichtregierungsorganisationen, die mit öffentlichen Mitteln aus dem Ausland gefördert werden, seien in der israelischen Debatte um das NGO-Gesetz als vom Ausland gesteuert und gegen israelische Interessen gerichtet dargestellt worden, heißt es in der Antwort. Auf diese zielen die neuen Regeln, denn erst bei über 50 Prozent Finanzierung aus ausländischen öffentlichen Quellen entstehen weitere Pflichten für die betroffenen Organisationen. NGOs, die die Siedlungspolitik unterstützen, erhielten aus dem Ausland überwiegend private Mittel und seien vom Gesetz und dieser Debatte nicht erfasst. »Israel ist ein demokratischer Staat mit einer aktiven Zivilgesellschaft«, schreibt die Bundesregierung.
Antwort der Bundesregierung (PDF, 179 kB)
EuGH: Zwiespältiges Gerichtsurteil zur Transparenz
Beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) eingereichte Unterlagen und Argumente unterliegen der Geheimhaltung - auch nach Abschluss des Verfahrens. Daraus leitete die Europäische Kommission das Recht ab, Unterlagen in ihrem Besitz dann aus dem Recht auf Zugänglichkeit auszunehmen, wenn sie einmal in solch ein Verfahren beim EuGH eingeführt worden waren. Der Bürgerrechtler Patrick Breyer, ehemals Vorsitzender der Landtagsfraktion Schleswig-Holstein der Piratenpartei, hatte von der Kommission die Herausgabe österreichischer Schriftsätze zur Nichtumsetzung der umstrittenen Vorratsdatenspeicherung verlangt, was die Kommission mit Hinweis auf das EuGH-Verfahren verweigerte. Der EuGH hat letztinstanzlich entschieden, dass diese Argumentation der Kommission irrig ist und sie zumindest nach Ende des Verfahrens Dokumente aus ihrem Besitz zugänglich machen muss. Allerdings ändert der EuGH an seiner eigenen restriktiven Praxis nichts. Diese Intransparenz hält Breyer angesichts der Bedeutung des EuGH für mangelhaft: »Die Idee, Staaten und Institutionen müssten vor Gericht unabhängig von jeder öffentlichen Kritik und Kontrolle auftreten können, widerspricht dem Grundgedanken der Demokratie und der Pressefreiheit. In Zeiten der Legitimationskrise der EU weckt diese Intransparenz der EU-Justiz eher Misstrauen als Vertrauen zu fördern. Gerechtigkeit braucht Öffentlichkeit.«
Weitere Informationen bei der Piratenpartei Deutschland
G20 und »shrinking spaces for civil society«
Nach G20 ist vor G20 - nächstes Jahr in Argentinien. Hierfür hat Helmut K. Anheier ein Papier verfasst, dessen Forderungen argentinische AkteurInnen in den G20-Prozess einführen wollen: »Civil society challenged: towards an enabling policy environment (Submitted as G20 Policy Paper)«, 13. Juli 2017. Er konstatiert ein komplexer werdendes Verhältnis zwischen Weltgemeinschaft und Nationalstaaten einerseits, Nationalstaaten und (internationaler) Zivilgesellschaft andererseits, was u.a. zur Debatte um »shrinking spaces« führt. Er schlägt die Einrichtung einer unabhängigen hochrangigen Kommission vor, die diese Problematik untersucht und Vorschläge unterbreitet, wie künftig Nationalstaaten und internationales System auf der einen Seite und Zivilgesellschaft auf der anderen Seite in nationalen und multilateralen Kontexten miteinander produktiv umgehen sollten. Für die G20 Vorbereitungsgruppe in Argentinien ist es nicht unwichtig, wie häufig dieses Papier heruntergeladen wird.
Spotlight-Report zu PPP
Der Bericht »Spotlight on Sustainable Development 2017« wurde am 13. Juli 2017 am Eröffnungstag des Hochrangigen Politischen Forums (HLPF) in New York veröffentlicht und dort vorgestellt. Es handelt sich um einen Schattenbericht zur Umsetzung der Agenda 2030 und der SDGs. Im Zentrum stehen Öffentlich-Private Partnerschaften (Public-Private Partnerships, PPPs). Diese werden kritisch als Formen betrachtet, die Ungleichheit verschärfen, den Zugang zu grundlegenden Diensten erschweren und die Menschenrechte unterminieren können. Der Report kommt zum Fazit, dass es an der Zeit sei, »sich den öffentlichen Raum zurückzuerobern, die Staatsfinanzen deutlich zu stärken, PPPs zu regulieren oder abzulehnen und die Macht von Unternehmen über das Leben von Menschen zu schwächen.« Herausgegeben wird der Bericht von der Reflection Group on the 2030 Agenda for Sustainable Development, in der das Arab NGO Network for Development (ANND), das Center for Economic and Social Rights, die Frauenrechtsorganisation Development Alternatives with Women for a New Era (DAWN), das Global Policy Forum, die internationale Dienstleistungsgewerkschaft Public Services International (PSI), Social Watch, die Society for International Development (SID) und das Third World Network mit Unterstützung der Friedrich-Ebert-Stiftung zusammenarbeiten. Neben einem allgemeinen Bericht gibt es 18 nationale Berichte, darunter auch zu Deutschland.
Spotlight on Sustainable Development 2017
INTERNATIONALE BETEILIGUNGSVERFAHREN
Gemeinsame Agrarpolitik: Konsultationsresultate
Am 7. Juli 2017 hat die Europäische Kommission die Resultate der Öffentlichen Konsultation zur künftigen Gemeinsamen Agrarpolitik in einem 320seitigen Bericht veröffentlicht, die von Februar bis Mai 2017 stattfand. Ausgehend von über 60.000 Antworten ist der Bericht, neben seinem bedeutsamen Thema, auch ein spannender Einblick in die unterschiedlichen nationalen Beteiligungen von BürgerInnen, Betroffenen, Unternehmen und NGOs an einer solchen Konsultation, in der in diesem Fall Deutschland und Spanien besonders präsent sind. Auch die Identifikation von Kampagnen als Hintergrund von Antworten wird dargestellt und statistisch beschrieben. Dass bei fünf offenen Fragen jeweils zwischen 18.000 und annähernd 30.000 verwertbare Antworten vorliegen, wirft schon auch die Frage auf, wie deren Inhalt erfasst und codiert wird.
Summary of the results of the public consultation (PDF, 5,9 MB)
TTIP-EBI: Offizielle Registrierung nach drei Jahren
Die Europäische Bürgerinitiative Stop TTIP musste am 10. Juli 2017 nach fast drei Jahren von der Europäischen Kommission registriert werden. Der Europäische Gerichtshof hatte die Initiative gegen die Handelsabkommen CETA und TTIP im Mai 2017 für zulässig erklärt und damit einer Klage der Initiatoren gegen die Entscheidung der EU-Kommission von 2014 stattgegeben. Gegen die Auffassung der Kommission hatte der EuGH entschieden, dass EBIs auch darauf zielen dürfen, einen Rechtsakt zu verhindern und dass sie sich auch zu laufenden Verhandlungen und nicht nur zu abgeschlossenen internationalen Verträgen äußern dürfen. Auf Rechtsmittel hat die Kommission verzichtet. Da die Initiative in diesem Zeitraum schon über 3,3 Millionen Unterschriften gesammelt hat, will sie laut Mehr Demokratie e.V. allerdings jetzt nicht noch einmal in einem offiziellen Verfahren sammeln. Der Bürgerausschuss habe beschlossen, Stop TTIP zurückzuziehen und fordert vor dem Hintergrund der erfolgreichen Sammlung eine Anhörung und inhaltliche Auseinandersetzung mit ihren Argumenten. Zur Zeit wird die EBI mit der Registrierungsnummer ECI(2017)000008 als laufende Initiative geführt.
Weitere Informationen auf dem EBI-Portal
Weitere Informationen bei Mehr Demokratie e.V.
AKTUELLES AUS DEM BBE UND VON EUROPÄISCHEN PARTNERN
EUD/JEF-Kampagne zur Bundestagswahl 2017
Schon beim Bundesausschuss im vergangen September haben Europa-Union (EUD) und Junge Europäische Föderalisten (JEF) Ideen für eine gemeinsame Europakampagne zur Bundestagswahl gesammelt. Ergebnis war, in einer Umfrage unter Mitgliedern und Freunden der Europa-Union diejenigen Verbandsforderungen zu bestimmen, die den KandidatInnen und künftigen MandatsträgerInnen besonders ans Herz gelegt werden sollen. Daran beteiligten sich 744 Personen, 76 Prozent davon EUD/JEF-Mitglieder und 56 Prozent unter 35 Jahren. Aus einem Katalog von 25 Forderungen konnten sie ihre fünf Favoriten wählen. EUD-Generalsekretär Christian Moos stellte die Ergebnisse beim Bundeskongress im Mai vor. Die Kernforderungen sind ein einheitliches europäisches Handeln in den Bereichen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik sowie Asyl und Migration, die deutliche Stärkung der Gemeinschaftsorgane Europäisches Parlament und Europäische Kommission sowie die Wiederherstellung der Grundfreiheiten und Abschaffung der Grenzkontrollen bei gemeinsamer Sicherung der Außengrenzen. Diese Themen, ergänzt durch aktuelle Forderungen des Bundeskongresses, sind Grundlage der Kampagne zur Bundestagswahl, u.a. durch eine Postkartenaktion.
Weitere Informationen zur EUD/JEF-Kampagne
FACHDISKURS
Förderstatistiken EfBB
Die Kontaktstelle Deutschland »Europa für Bürgerinnen und Bürger« hat die Förderstatistiken für das europaweite Bürgerschaftsprogramm aktualisiert. Bei der Maßnahme Zivilgesellschaftliche Projekte sind die europaweit eingereichten Anträge von 2014 bis 2017 deutlich gefallen (von 538 auf 361), wodurch sich die Erfolgsquote von 4 Prozent auf 7 Prozent erhöht hat - in anderen Teilen des EfBB-Programms sind die Erfolgsquoten deutlich höher. Aus Deutschland eingereichte Anträge fielen von 30 auf 11, wobei zwei Anträge Erfolg hatten (2014 nur ein Erfolg). Deutlich zurück ging die Erfolgsquote bei Anträgen, in denen AkteurInnen aus Deutschland als PartnerInnen auftreten, nämlich von 12 auf 6.
Förderstatistiken der Kontaktstelle
DRA: MultiplikatorInnenprogramm Belarus/ Russland
Der Deutsch-Russische-Austausch (DRA) führt sein MultiplikatorInnenprogramm für regionale NGO-Beratungsstellen gemeinsam mit PartnerInnen in Belarus und Russland durch, unterstützt vom Auswärtigen Amt. Verschiedene Online- wie Offline-Trainings für TrainerInnen haben schon stattgefunden, u.a. Ende Juni in Gomel in Belarus. Von den Teilnehmenden sind mehrere schon jetzt in verschiedenen Regionen Russlands in NGO-Netzwerk- und Anlaufzentren tätig, so in Irkutsk, Pensa, Novgorod, St. Petersburg, im Leningrader Gebiet und in Karelien. Neben einem Webinar im Spätsommer ist auch eine Studienreise der Teilnehmenden nach Deutschland im Herbst 2017 zu Fundraisingmethoden und -erfahrungen deutscher NGOs geplant. An der Finanzierung dieser Fahrt kann man sich noch beteiligen, um NGO-VertreterInnen aus Russland und Belarus die Studienreise nach Berlin zu ermöglichen, z. B. durch Übernahme von Übernachtungskosten für einzelne Reisende.
Weitere Informationen beim DRA
Verleihung des Europäischen Bürgerpreises 2017
Der Verein Bürger Europas, Herta Hoffmann, die Junge Aktion der Ackermann-Gemeinde und die Initiative Pulse of Europe sind unter den 50 GewinnerInnen des Europäischen Bürgerpreises 2017 des Europäischen Parlaments diejenigen, die aus Deutschland kommen. Am 18. September 2017 werden diese vier im Europäischen Haus in Berlin ausgezeichnet. Die Europaabgeordneten Arne Gericke, Dr. Dieter-Lebrecht Koch, Arndt Kohn, Arne Lietz und Tiemo Wölken werden den Preis überreichen. Die GewinnerInnen aus allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union treffen sich außerdem am 11. und 12. Oktober 2017 zu einer gemeinsamen Feier im Europäischen Parlament in Brüssel.
Weitere Informationen zum Europäischen Bürgerpreis 2017
On y va - auf geht’s - let’s go!: Neue Chance für Förderung
Der Ideenwettbewerb »On y va - auf geht’s - let’s go!«, organisiert von der Robert Bosch Stiftung und dem Deutsch-Französischen Institut, bietet für Initiativen der Zivilgesellschaft Fördermöglichkeiten bis 5.000 Euro. Gesucht werden Teams bestehend aus drei PartnerInnen: einem deutschen, einem französischen und einem aus einem dritten EU-Mitgliedsstaat, die gemeinsam ein gemeinnütziges Austauschprojekt organisieren. Bewerbungsschluss ist der 4. Oktober 2017.
Weitere Informationen zu On y va
Hinweis
Der nächste Newsletter erscheint am 29. August 2017.
Bitte schicken Sie Ihre Informationen an
E-Mail: europa-bbe(at)b-b-e.de
Die Beiträge dieses Newsletters geben, sofern nicht ausdrücklich als solche Nachrichten gekennzeichnet, nicht die Meinung des BBE wieder, sondern repräsentieren die Vielstimmigkeit der Meinungen und Akteure im BBE und im Feld der Engagementförderung und -politik. Die Redaktion des Newsletters verfolgt das Ziel, die jeweils aktuellsten und wichtigsten Nachrichten für die Leserschaft zusammenzustellen.
Die PDF-Dokumente der Beiträge im Schwerpunkt des Newsletters werden möglichst barrierearm gestaltet.
Die Hinweise auf die allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Publikation von Nachrichten im Europa-Newsletter finden Sie unter Impressum.
Eine Übersicht über die nächsten geplanten Schwerpunkt-Themen finden Sie unter Kommende Themen.
Die Öffentlichkeitsarbeit des BBE wird gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages.
Redaktion: Andreas Pautzke, PD Dr. Ansgar Klein, Dr. Rainer Sprengel, Mirko Schwärzel und Nino Kavelashvili.
Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BBE)
- Geschäftsstelle -
Michaelkirchstr. 17-18
10179 Berlin-Mitte
V.i.S.d.P.: Geschäftsführer PD Dr. Ansgar Klein
Telefon: (0 30) 6 29 80-11 0
E-Mail: ansgar.klein(at)b-b-e.de