Beitrag in den Europa-Nachrichten Nr. 5 vom 27.5.2021

Engagement von Familien – Family Volunteering

Wolfgang Krell

Inhalt

Was ist Familien-Engagement?
Entwicklung des »Family Volunteering« Ansatzes
Vorteile des Familien-Engagements für die Beteiligten
Zentrale Aspekte für den Einsatz von Familien
Angebote für Familienengagement
Einige Möglichkeiten für den Einsatz von Familien
Schluss
Autor
Redaktion

Was ist Familien-Engagement?

»Family Volunteering« oder Familien-Engagement ist eine Form des Engagements, bei dem mehr als eine Person aus einem Haushalt bzw. einer erweiterten Familie gemeinsam aktiv sind. Gemeint ist aber, dass verschiedene Generationen aktiv sind: wie eben Eltern, Partner*innen, Kinder, Patchwork, Großeltern, Enkel, Onkel, Tanten, Cousinen und Cousins, usw. »Familie« lässt sich kaum definieren, sondern ist von dem jeweiligen Personenverbund selber festzulegen – es ist eher die »emotionale Bindung« dabei entscheidend.

Entwicklung des »Family Volunteering« Ansatzes

Der Ansatz des Familien-Engagements ist nicht neu: bereits 2001 wurde im »Independent Sector Report« in Kanada festgestellt, dass die Hälfte aller Freiwilligen sich gemeinsam mit einem Familienmitglied engagiert hatten. Points of Light startete in den USA in den 1990er Jahren die Initiative »Family Matters«. Volunteering Canada erarbeitete später dann ebenfalls mehrere Handreichungen für die Praxis und Forschungsberichte aus der Praxis. Familien-Engagement wurden in anderen Ländern als ein neues Konzept in der Engagementförderung aufgenommen und umgesetzt – in Europa ist dieser Ansatz aber noch nicht sehr verbreitet. Familien-Engagement in Europa bekannter zu machen, haben sich verschiedene Partner der Engagementförderung in dem ERASMUS+-Projekt »Family Volunteering – a new form of engagement« vorgenommen.

Vorteile des Familien-Engagements für die Beteiligten

Familien-Engagement bringt Vorteile für Einsatz-Organisationen, für die Familie und für die Gesellschaft. Mehrere Generationen bringen ihre Kompetenzen ein und evtl. ist es auch leichter sich zu engagieren, weil die knappe Zeit in der Familie gemeinsam im Engagement verbracht wird. Wenn sich Familien engagieren, profitiert auch das lokale Umfeld, in dem Menschen sich begegnen, neue Kontakte und Beziehungen untereinander entstehen – indem freiwilliges Engagement für diese Bürgerinnen und Bürger leichter zugänglich gemacht wird.

Besondere Vorteile für die Familie, die Einsatzorganisationen und das lokale Umfeld sind:

Für die Familie:

Vorteile für die Familie selbst können folgende sein:

• Kinder lernen Werte, die auch gemeinsam gelebt werden, wie Mitgefühl, Höflichkeit, Toleranz, Res-pekt. Sie lernen, wie wichtig es ist sich gegenseitig zu helfen.

• Die Erwachsenen können als Vorbild und positives Modell wahrgenommen werden im Einsatz für Mitmenschen und die Gesellschaft.

• Die ganze Familie lernt neue Kompetenzen. Die ganze Familie lernt Respekt für andere Menschen, andere Einstellungen, Lebensbedingungen und Kulturen.

• Die Familie kann gemeinsam Spaß haben und miteinander etwas schaffen, was jeder alleine nicht geschafft hätte - Teamwork wird eingeübt.

• Eltern verbringen – außerhalb der Alltagsroutine - eine sehr intensive Zeit mit ihren Kindern, was von ihnen oft als der wichtigste Wunsch für ihre Familie genannt wird.

• Gemeinsam erlebt die Familie die positive Wirkung des eigenen Engagements erlebt (z.B. bei den Menschen, denen geholfen wurde) und es wird die Befriedigung geteilt, weil etwas Gutes und Sinn-volles getan wurde.

• Der Gegensatz zwischen den Generationen (z.B. zwischen Enkeln und Großeltern) wird aufgehoben. Kinder und Jugendliche arbeiten direkt mit alten Menschen zusammen - alle gewinnen durch gegen-seitige Wertschätzung.

• Familienengagement kann Isolation überwinden (z.B. als Neuzugezogene, junge Familie), Familien bekommen neue Kontakte und lernen ihr lokales Umfeld besser kennen.

Für die Einsatzorganisation:

Die Organisationen und Einsatzstellen, für die Familien tätig sind, profitieren ebenfalls von diesem besonderen freiwilligen Engagement:

• Familien bringen eine Vielfalt des Alters, von Talenten und Kompetenzen ein. • Familien haben ein breiteres Spektrum, wie anstehende Probleme gelöst werden können. Familien erweitern das Potential wie auch die Anzahl von Freiwilligen, die sich in der Organisation engagieren.

• Familien können für Klienten-Familien Vorbild sein mit ihren Rollenmodellen mit ihrem persönlichen Umgang und Zusammenhalt. • Familien schaffen neue Beziehungen innerhalb der Gemeinde und Region. Es können weitere Kreise für freiwilliges Engagement angesprochen werden, da Familien als natürliche Multiplikatoren dienen.

• Engagierte Familien sichern den Engagement-Nachwuchs. Engagierte Familien spenden außerdem mehr an Organisationen als Familien, die nicht engagiert sind.

Für die Kommune:

Freiwilliges Engagement von Familien stärkt die lokale Gemeinschaft, weil Menschen ermutigt werden, aktiv zu sein und sich einzumischen, um die Lebensqualität weiter zu verbessern – das zieht wiederum Menschen mit neuen Aktivitäten und neuen Ideen an.

• Engagierte Familien zeigen Verantwortung für die Kommune und können andere Familien anregen, sich ebenfalls für die Gemeinschaft einzusetzen.

• Freiwilliges Engagement vermittelt den Wert sozialer Unterstützung und den Nutzen des Mitma-chens in der Kommune.

• Durch freiwilliges Engagement lernt man mehr von seinem lokalen Lebensumfeld und Familien finden so auch besseren Anschluss zu anderen.

• Familien unterstützen mit ihrem Engagement Einrichtungen und Initiativen vor Ort und damit ihre Kommune insgesamt.

Zentrale Aspekte für den Einsatz von Familien

Auf den ersten Blick sind zentrale Aspekte für das Engagement von Familien zu berücksichtigen: • Bei den Familienmitgliedern kann es sich um Vertreter*innen verschiedener Generationen handeln. Die Einsätze müssen auf ihre Bedürfnisse angepasst sein, wie z.B. Senioren oder Kinder.

• Der Tagesablauf der einzelnen Familienmitglieder kann sehr unterschiedlich sein, und die Einsatzzei-ten müssen so flexibel gestaltet werden, dass ein Engagement für die Familien möglich wird.

• Das Interesse am und die Motivation zum Engagement kann bei den einzelnen Familienmitgliedern sehr unterschiedlich sein.

• Familienengagement ist noch nicht sehr verbreitet, d.h. um Familien zu gewinnen, muss es ausdrück-lich und intensive beworben werden.

• Gemeinsam können Familien sehr viel im und durch das Engagement lernen – sowohl im konkreten Einsatz wie auch durch den gegenseitigen, idealerweise generationenübergreifenden Austausch.

Angebote für Familienengagement

Organisationen und Einsatzstellen können verschiedene Optionen für ein Engagement von Familien wählen:

Kinder und Jugend:

Ausgewählte Aktivitäten ausdrücklich für Jugendliche oder Kinder aus einer Familie können die Teilnahme der Jüngeren erleichtern, wenn sie eben als eine Altersgruppe aktiv werden.

Generationen zusammen:

Verschiedene Familien können in Aktion kommen, indem die Familienmitglieder der gleichen Generation für bestimmte Aufgaben gemischt werden. Das kann für die verschiedenen Generationen interessant sein mit anderen Gleichaltrigen aktiv zu werden – und doch etwas miteinander zu erreichen.

Engagement als Gruppe:

Einsätze als Gruppe könnten von Organisationen für die ganze (Groß-)Familie angeboten werden. Das ist für die Einsatzstelle evtl. auch die bessere Möglichkeit, denn die Erziehungsberechtigten können dabei gleichzeitig die Aufsicht über Kinder behalten.

Generationen-Mix:

Es können bewusst verschiedene Generationen zusammengebracht werden. Großeltern können mit ihren Enkeln aktiv werden, Onkel und Tanten mit ihren Nichten und Neffen. Es gibt viele Möglichkeiten für ein solches Arrangement, das sowohl Spaß macht, wie auch die Familienbindung fördert.

Einige Möglichkeiten für den Einsatz von Familien

• Öffentliche Grünanlagen, Wälder, Flussufer saubermachen und Müll aufsammeln

• Mit Kindern aus sozialen Brennpunkten einen Ausflug unternehmen

• Familienkonzert in einem Seniorenheim veranstalten

• Mit neu Zugewanderten ein Begrüßungsfest feiern und Unterstützung anbieten

• Spendenläufe organisieren um soziale Organisationen zu unterstützen

• Ältere Menschen aus der Gemeinde zum Mittagessen einladen

• Haustiere von kranken oder behinderten Menschen ausführen

• Eine Wohnung einer bedürftigen Familie oder von Senioren renovieren

• Gartenpflege für Menschen mit Behinderung oder Krankheit

Schluss

Viele Familien sind heutzutage so belastet, dass sie sich nicht vorstellen, noch »irgendetwas zusätzlich« zu machen. Aber gerade ein gestresster Alltag mit wenig Zeit könnte die beste Begründung sein, für mehr Zeit miteinander. Gesellschaftliche Probleme werden im Familien-Engagement allen Generationen bewusster und sowohl Jung wie Alt können aus ihrer Perspektive dabei mitdiskutieren. Das gemeinsame Tun lässt Familien auch zusammenwachsen und gleichzeitig schaffen sie dabei etwas Neues und Sinnvolles. Familienengagement ist eine einfache Idee und kann eine einzigartige Win-Win-Win-Situation sowohl für die engagierten Familien, für die gemeinnützigen Organisationen wie auch für die Gesellschaft insgesamt sein.


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