Beitrag in den Europa-Nachrichten Nr. 5 vom 1.6.2023

Die Europaarbeit des BBE

Ansgar Klein / Christian Moos

Inhalt

1. Partner, Netzwerke, Funktionsträger
2. Die Agenda der BBE-Europaarbeit
Autoren
Redaktion

1. Partner, Netzwerke, Funktionsträger

Das BBE nahm 2003 seine Arbeit auf und hat seitdem schrittweise auch seine Europaarbeit fortentwickelt. Sehr rasch wurde deutlich, dass die Themen der Engagement- und Demokratiepolitik wichtige europäische Voraussetzungen haben und es darum geht, die neuen Politikfelder Engagement- und Demokratiepolitik auch in der EU systematisch aufzubauen und zu stärken. Um dies zu erreichen, galt es zum einen, sich mit den befreundeten Organisationen aus der europäischen Zivilgesellschaft abzustimmen und gemeinsam das weitere Vorgehen zu planen.

Es besteht eine strategische Partnerschaft mit der Europäischen Bewegung in Deutschland (EBD) und der Europa Union Deutschland (EUD). Regelmäßig berät das BBE mit den Partnern auf Ebene der Geschäftsführungen zusammen mit der Fachpolitik die europapolitische Strategie für Engagement- und Demokratiepolitik und die damit verbundene Agenda. Vor diesem Hintergrund werden dann das Vorgehen und die jeweiligen Rollen beraten.

Mit dem Europäischen Freiwilligenzentrum CEV gibt es eine lange und enge, auf wechselseitiger Mitgliedschaft beruhende strategische Partnerschaft. Das CEV hat eine Gruppe von Abgeordneten des Europäischen Parlaments organisiert, die sich fraktionsübergreifend für die Themen der Engagement- und Partizipationsförderung stark machen. Das Europäische Freiwilligenzentrum CEV wählt auch die Freiwilligenhauptstädte (European Volunteering Capital) aus. Das BBE hat die Stadt Berlin als Europäische Freiwilligenhauptstadt 2021 begleitet und war Mitglied des Lenkungskreises.

Mit den französischen Freunden des European Civic Forum verbindet das BBE ebenfalls eine strategische Partnerschaft. Daher war es für gute weitere Arbeit eine naheliegende Entscheidung, das vom BBE 2011 initiierte European Network of National Civil Society Associations (ENNA) mit 22 nationalen Netzwerken dauerhaft unter dem Dach des European Civic Forum zu etablieren.

Gemeinsam mit dem European Civic Forum (ECF) konnte das BBE bei der letzten Europawahl 2019 eine gemeinsame Agenda (»Berlin Agenda«) der organisierten europäischen Zivilgesellschaft für die Europawahl erstellen (Dossier Nr. 6, Stärkung der europäischen Demokratie – Europawahl, Engagementpolitik und Zivilgesellschaft). Eine derartige Koordinationsrolle war bislang seitens der deutschen Zivilgesellschaft nicht gegeben, doch hatte der Brexit hier Lücken gerissen, die es zu füllen galt. So konnte das BBE für die deutsche Seite eine gesamtkoordinierende Rolle wahrnehmen, die zuvor bei Briten und Franzosen gelegen hatte.

Zum anderen mussten Kontakte mit dem Europaparlament, mit der Europäischen Kommission und mit dem Europarat geknüpft und die Fachgespräche zu Engagement- und Demokratieförderung aufgenommen werden. Sowohl in der europäischen Gesetzgebung (etwa zu Vereinsrecht oder Gemeinnützigkeitsrecht) wie auch in den europäischen Förderprogrammen gilt es die Bedarfe der Zivilgesellschaft aufzugreifen und diese Programme bedarfsgerecht zu gestalten.

Das BBE gibt einen monatlich erscheinenden Newsletter zu Europa seit 2012 heraus. Er ist stark nachgefragt. Um den wachsenden Anforderungen an die Europaarbeit gerecht zu werden, wurde 2009 das Amt einer/s Europabeauftragten des BBE-Sprecher*innenrates etabliert. Dr. Frank Heuberger nahm es von 2009 bis Anfang 2022 war. Er vertrat das BBE in europäischen zivilgesellschaftlichen Netzwerken. Hierzu gehört die jährliche Teilnahme an Gremiensitzungen des European Civic Forum (ECF) sowie der European Civic Academy (dort ist seit 2019 Dr. Frank Heuberger Mitglied des wissenschaftlichen Beirats, Scientific Council of the European Civic Academy). Der Europabeauftragte des Sprecher*innenrates vertritt das BBE seit 2016 auch bei den European Civil Society Days, veranstaltet vom Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA). Seit Januar 2021 ist Carola Schaaf-Derichs Botschafterin der »Europäischen Bürgerinitiative« (European Citizens’ Initiative Ambassador) in Deutschland. Das BBE wirkt in den Vorständen von CEV, ECF und in Beiräten etwa für den Europäischen Solidaritätskorps wie auch der deutsch-französischen Partnerschaft mit.

Seit 2022 nimmt Christian Moos das Amt des Europabeauftragten des BBE war. Als Generalsekretär der überparteilichen Europa Union und Leiter der Arbeitsfelder Europa und Internationales beim dbb beamtenbund und tarifunion ist er bereits im Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss koordinierend für die Themen der Zivilgesellschaft tätig gewesen, Nun nimmt er ein deutlich noch verstärktes zivilgesellschaftliches Mandat auch in dessen Verhandlungen mit.

2. Die Agenda der BBE-Europaarbeit

Neben den laufenden Tätigkeiten steht für den Arbeitsbereich jährlich ein Schwerpunktthema im Fokus. Dieses Jahresschwerpunkthema orientiert sich an besonderen Ereignissen oder Schwerpunktthemen des Netzwerks oder der deutschen Engagementpolitik. Die Auswahl und Bearbeitung des Jahresschwerpunktes mit jeweils geeigneten Methoden und Instrumenten erfolgt in vorheriger Abstimmung mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ). Hierzu werden eine Themenausgabe in den BBE Europa-Nachrichten und eine Publikation in der BBE-Onlinereihe (Dossier) erstellt. Zudem werden relevante Informationen (Veranstaltungen, Stellungnahmen, Publikationen) zum Jahresschwerpunkt auf der Themenseite Europa präsentiert.

Der Jahresschwerpunkt 2021 war »Digitales Europa und Zivilgesellschaft«. Schwerpunktthema für das Jahr 2022 war »Europa und Jugend«. Für 2023 ist das Schwerpunktthema »Demokratie und Bürgerbeteiligung«.

Für die Engagementpolitik in Europa gilt, dass die liberale Demokratie, von der viele in den 1990er Jahren dachten, dass sie weltweit auf dem Siegeszug sei, auch in Europa nicht mehr selbstverständlich ist. Engagementpolitik und die Verteidigung der liberalen Demokratie, so Christian Moos, gehen heute Hand in Hand. Deshalb braucht es als integralen Bestandteil besserer Rechtsetzung einen Zivilgesellschafts- oder Engagementtest für die Rechtsetzung, der eine ex ante Prüfung erlaubt, welche Auswirkungen die jeweiligen Rechtsakte auf bürgerschaftliches Engagement haben.

Darüber hinaus müssen die Fördermöglichkeiten für zivilgesellschaftliche Organisationen so ausgeweitet werden, dass insbesondere in defekten europäischen Demokratien bürgerschaftliches Engagement möglich bleibt. Zugleich sollten die gegenüber der Zivilgesellschaft, Demokratie und Rechtsstaat repressiv agierenden Nationalstaaten über Kürzungen der Fördermittel sanktioniert werden können.

Für die gesamte EU gilt, dass Engagementförderung auch für kleinere Organisationen, die begrenzte Co-Finanzierungsmöglichkeiten haben, zugänglicher werden muss, denn eine vielfältige Engagementlandschaft ist ein automatischer Stabilisator für die liberale Demokratie. Daneben sind auch legislative und nichtlegislative Rahmenbedingungen für Engagement wichtig, die über Fördermittel hinausreichen. Partizipation muss barrierefrei sein, und sie lässt sich auch nicht allein über neue Bürgerinnenforen abbilden, wie sie im Zentrum der Arbeiten der Konferenz zur Zukunft Europas standen. Für die Engagementpolitik ist auch die Europäische Bürgerinitiative (EBI) ein wichtiger Bezugspunkt. Die bisher erfolgreichen EBI haben allerdings gezeigt, dass die EBI eben kein Instrument für die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern ist. Erfolgreich waren die Initiativen, die sich grenzübergreifend auf große Organisationen wie etwa Gewerkschaften stützen konnten. Es klafft somit eine Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Wenn Bürgerinnen und Bürger tatsächlich Initiativen starten können sollen, von denen die Kommission schließlich Notiz nehmen muss, müssen die Hürden weit gesenkt werden. Dies allerdings würde trotz der rechtlichen Unverbindlichkeit der EBI ein direktdemokratisches Moment bedeuten, das nicht ohne Risiken ist in einem politischen Raum von 450 Millionen Menschen.

Zielführender wäre die Durchführung hochrangiger zivilgesellschaftlicher Konferenzen, die über die konkret die europäischen Rechtsetzungsinitiativen betreffende beratende Funktion des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses hinaus einen neuen demokratischen Resonanzkörper auf europäischer Ebene schaffte und regelmäßig große gesellschaftliche Debatten mit Vertreterinnen und Vertretern bürgerschaftlicher Engagementstrukturen als Multiplikatoren erlaubte, die für den Gesetzgeber die Bedeutung großer Anhörungen zu Fragen von öffentlichem Interesse haben könnten. Der EWSA könnte in Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Dachorganisationen und Netzwerken auf europäischer Ebene der Ort für diese Konferenzen sein, wobei die Teilnahme nicht auf die Mitglieder des EWSA zu beschränken wäre.

Nicht zu verwechseln wäre ein solcher zivilgesellschaftlicher Dialog allerdings mit dem bestehenden und reformbedürftigen sozialen Dialog. Denn die organisierte Zivilgesellschaft ist zu divers, um eine der Autonomie der Sozialpartner gleichkommende, potenziell legislative Funktion beanspruchen zu können.

Der richtige Ort für demokratische Entscheidungen über konkrete Politiken und Rechtsetzung sind das Europäische Parlament und die Parlamente im europäischen Mehrebenensystem. Sie sind, unterstützt und begleitet von einer lebendigen, vielfältigen Zivilgesellschaft, also ungehindertem bürgerschaftlichen Engagement und autonomen Sozialpartnern, die besten Garanten für den Fortbestand und die Behauptung der liberalen Demokratie.


Beitrag im Newsletter Nr. 5 vom 1.6.2023
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PD Dr. Ansgar Klein ist Gründungsgeschäftsführer des Bundesnetzwerks Bürgerschaftliches Engagement (BBE).

Kontakt: ansgar.klein@b-b-e.de
Weitere Informationen: www.b-b-e.de/ueber-uns/unser-team/

Christian Moos ist Beauftragter des BBE-Sprecher*innenrates für Europäische Angelegenheiten, Generalsekretär der Europa-Union Deutschland.

Kontakt: christian.moos@b-b-e.de
Weitere Informationen: www.b-b-e.de/themenfelder/europa?type=bgbzpbn3

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