Beitrag im Newsletter Nr. 23 vom 19.11.2020

Das Europäisches Solidaritätskorps ab 2021 – Vereinfachte Antragstellung und mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz

Heike Zimmermann

Inhalt

Kontinuität und Vereinfachungen – die neue Förderperiode
Das neue Programm wird internationaler, inklusiver, einfacher und nachhalti-ger
Nachhaltigkeit und Klimaschutz stehen verstärkt im Fokus
Ein neues Verfahren zur vereinfachten Antragstellung
Solidaritätsprojekte - Eigeninitiative und Engagement im lokalen Umfeld
Abschluss des legislativen Verfahrens
Autorin
Redaktion

Kontinuität und Vereinfachungen – die neue Förderperiode

Im kommenden Jahr startet das Europäische Solidaritätskorps (ESK) in eine neue Förderperiode. Auch wenn die politischen Diskussionen zum Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) der EU und zum Programmbeschluss noch im Gange sind und die EU-Mobilitätsprogramme angesichts der COVID-19-Pandemie mit ihren weitreichenden Reise- und Kontaktbeschränkungen vor großen Herausforderungen stehen, bereitet die Kommission alles für den Programmstart im nächsten Jahr vor.

Die neue Programmgeneration des Europäischen Solidaritätskorps (2021- 2027) setzt dabei im Wesentlichen auf Kontinuität und Vereinfachungen. Aufbauend auf den Erfahrungen der ersten Laufzeit des noch jungen Förderprogramms (2018-2020) werden jedoch verschiedene Ergänzungen und Anpassungen vorgeschlagen.

Das neue Programm wird internationaler, inklusiver, einfacher und nachhaltiger

Die Zielsetzungen des Europäischen Solidaritätskorps (ESK) bleiben im Wesentlichen unverändert. Sie bestehen weiterhin in der Förderung des Engagements junger Menschen und von Organisationen, um sozialen Zusammenhalt, Solidarität und Demokratie in Europa zu stärken, mit einem besonderen Augenmerk auf der Förderung sozialer Inklusion. Im Mittelpunkt des Europäischen Solidaritätskorps stehen Freiwilligentätigkeiten, über die junge Menschen sich als aktive, solidarische BürgerInnen für einen positiven Wandel der Gesellschaften in ganz Europa einsetzen. Angesichts der gravierenden Herausforderungen, denen sich die europäische Gesellschaft angesichts der Corona-Pandemie, wachsender nationalistischer und demokratiefeindlicher Tendenzen, der Klimakrise oder des bevorstehenden Brexits stellen muss, erscheinen diese Zielsetzungen aktueller denn je. Mit der Integration des EU-Freiwilligenkorps für humanitäre Hilfe wird die Zielsetzung des Europäischen Solidaritätskorps regional und inhaltlich ausgeweitet und damit die internationale Dimension gestärkt - neben dem Blick auf gesellschaftliche Bedürfnisse in Europa geht es nun auch um humanitäre Herausforderungen in Drittländern weltweit. Die neue Aktionslinie für solidarische Aktivitäten im Rahmen humanitärer Hilfe weltweit soll zentral verwaltet und weitere Informationen dementsprechend im Rahmen gesonderter Aufrufe zur Einreichung von Fördervorschlägen veröffentlicht werden.

Dem Themenbereich Inklusion und Diversität wurde bereits mit Einführung des Europäischen Solidaritätskorps in 2018 ein hoher Stellenwert zugewiesen, vor allem mit der Einführung neuer Aktivitätstypen wie den Freiwilligenteams und der Einführung einer zusätzlichen Inklusionspauschale. Ergänzend sind mit dem neuen Programmvorschlag alle Organisationen dazu aufgerufen, ihre Projekte auf Grundlage der überarbeiteten und sich nun horizontal auf beide Programme Erasmus+ und ESK beziehenden Inklusions- und Diversitätsstrategie zu gestalten und den Zugang für diverse TeilnehmerInnengruppen zu ermöglichen.

Nachhaltigkeit und Klimaschutz stehen verstärkt im Fokus

Ebenfalls programmübergreifend rücken die Themen Umweltschutz, Nachhaltigkeit und Klimawandel ab 2021 in den Vordergrund. Zum einen werden Projekte unterstützt, die sich inhaltlich mit diesen Themenbereichen befassen, zum anderen sollen die Projekte selbst so nachhaltig wie möglich gestaltet werden – von umweltfreundlichen Reiseformen über energiesparende Unterkünfte zu nachhaltiger Verpflegung u. v. m. Die Kompetenzen junger Menschen im Bereich Umwelt- und Klimaschutz sollen hierdurch gefördert und der Wandel hin zu einem nachhaltigen Lebensstil unterstützt werden. Fördertechnisch wird dies mittels einer erhöhten Reisekostenpauschale für umweltschonende An- und Abreise unterstützt.

Bereits im laufenden Programm setzen sich viele Solidaritätsprojekte im ESK auf vielfältige Weise mit diesen Themen auseinander – es werden Workshops zu erneuerbaren Energien organisiert, Gemeinschaftsgärten angelegt, Repair Cafes eingerichtet oder jugendgerechte Informationsmaterialien zu einem nachhaltigen Lebensstil produziert.

Ein großes Potential besteht bei den Freiwilligenaktivitäten im ESK, sowohl in Bezug auf individuelle Freiwilligendienste wie auch auf den Einsatz von Freiwilligenteams. Angesichts des europaweit großen Interesses junger Menschen, sich im Bereich Umwelt- und Klimaschutz zu engagieren, wäre es wünschenswert, wenn seitens der Trägerlandschaft weitere Einsatzstellen geschaffen werden könnten.

Für Organisationen bietet das Europäische Solidaritätskorps hierfür gute Bedingungen und vielfältige Unterstützungsangebote, von hohen Fördersätzen über individuelle Beratung bis hin zu einem breiten Angebot an Fortbildungs- und Vernetzungsmöglichkeiten in Deutschland und Europa.

Ein neues Verfahren zur vereinfachten Antragstellung

Von großem Interesse dürften die geplanten Änderungen im Antragsverfahren sein, die einen deutlich geringeren Verwaltungsaufwand und mehr Flexibilität für alle Beteiligten versprechen. Die Programmstruktur des ESK mit seinen Förderformaten soll dabei im Wesentlichen beibehalten werden. Bei den Freiwilligentätigkeiten sind weiterhin die individuellen Freiwilligendienste (zwei bis zwölf Monate) wie auch die Einsätze in Form von Freiwilligenteams (zwei Wochen bis zwei Monaten für Gruppen von 10-40 Teilnehmenden) vorgesehen. Letztere sind insbesondere zur Einbeziehung von jungen Menschen mit geringeren Chancen geeignet. Beide Formate können vorbereitende Planungsbesuche als ergänzende Aktivität umfassen.

Neu eingeführt wird ein Qualitätssiegel für Organisationen, die als Antragsteller auftreten wollen. Dieses Qualitätssiegel wird einmalig für die gesamte Programmlaufzeit beantragt und kombiniert mit jährlichen Mittelabrufen, die neben einer deutlich vereinfachten Beantragung und Abrechnung von Fördermitteln zugleich mehr Planungssicherheit und eine höhere Flexibilität in der Projektumsetzung bieten können.

Das Qualitätssiegel für antragstellende Organisationen kann jederzeit beantragt werden und es kann unabhängig von Vorerfahrungen, der Größe der Organisation oder dem Umfang der geplanten Aktivitäten beantragt werden. Da das bisher gebräuchliche Einzelantragsverfahren für diesen Aktionsbereich im ESK eingestellt wird, ist es aber zugleich eine notwendige Voraussetzung zur Antragstellung und sollte daher mit ausreichendem zeitlichem Vorlauf beantragt werden. Das entsprechende Antragsformular ist aktuell leider noch nicht verfügbar, wird aber rechtzeitig vor dem Programmstart veröffentlicht werden.

Neben dem Qualitätssiegel für Antragstellende wird es weiterhin Qualitätssiegel für Aufnahme- und Sendeorganisationen geben, die sich als Partnerorganisationen an Projekten beteiligen wollen. Die gute Nachricht hierbei lautet, dass die in der aktuellen Programmlaufzeit erworbenen Qualitätssiegel nicht erneuert werden müssen, sondern ihre Gültigkeit auf die komplette neue Programmlaufzeit verlängert wird.

Die Zukunft des Bereichs Praktika und Jobs ist nach aktuellem Stand ungewiss. Sollten diese Formate fortgeführt werden, so sind auch hier keine größeren Änderungen geplant, abgesehen von einer möglicherweisen Anpassung der Fördersätze und der Einführung des neuen Antragsverfahrens mit jährlichen Mittelabrufen.

Solidaritätsprojekte - Eigeninitiative und Engagement im lokalen Umfeld

Das Förderformat der Solidaritätsprojekte, das sich direkt an junge Menschen richtet, die sich eigeninitiativ für positiven gesellschaftlichen Wandel in ihrem lokalen Umfeld engagieren wollen, soll in der bestehenden Form fortgeführt werden.

Bei den Solidaritätsprojekten bleibt es bei dem bisherigen Antragsverfahren in Form von Einzelanträgen mit voraussichtlich weiterhin drei Antragsrunden pro Jahr. Es wird an einer jugendgerechteren Sprache und Gestaltung der Antragsformulare gearbeitet, um einen möglichst niederschwelligen Zugang zu bieten.

Ein großer Vorteil dieses Formats liegt in Zeiten der coronabedingten Reisebeschränkungen darin, dass die Solidaritätsprojekte in der Regel im unmittelbaren Umfeld der jungen Menschen umgesetzt werden. Auch wenn aufgrund geltender Kontakt- und Versammlungsbeschränkungen die ursprünglich geplanten Aktivitäten oft flexibel angepasst werden müssen, scheint es den meisten Projekten zu gelingen, hier gute Lösungen zu finden.

Abschluss des legislativen Verfahrens

Die abschließende Zustimmung des EU-Parlaments zum ESK ab 2021 steht noch aus. Vorher muss allerdings noch Einigkeit über den Mehrjährigen Finanzrahmen der EU zwischen EU-Kommission, Rat und Parlament erzielt werden. Allen Beteiligten ist bewusst, wie wichtig gerade in diesen Zeiten ein pünktlicher Start der Nachfolgeprogramme ist.

Weitere Informationen zum neuen ESK und dem Fortgang der Verhandlungen liefert JUGEND für Europa über seine Internetseite www.jugendfuereuropa.de und den Newsletterservice »infoMail«.


Beitrag im Newsletter Nr. 23 vom 19.11.2020
Für den Inhalt sind die Autor*innen des jeweiligen Beitrags verantwortlich.

Zurück zum Newsletter


Autorin

Heike Zimmermann ist Programmkoordinatorin für das Europäische Solidaritätskorps bei JUGEND für Europa, der Nationalen Agentur für die EU-Programme Erasmus+ JUGEND IN AKTION und Europäisches Solidaritätskorps.

Kontakt: zimmermann@jfemail.de


Redaktion

BBE-Newsletter für Engagement und Partizipation in Deutschland

Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BBE)
Michaelkirchstr. 17/18
10179 Berlin

Tel.: +49 30 62980-115

newsletter@b-b-e.de
www.b-b-e.de

Zum Seitenanfang