Beitrag im Newsletter Nr. 15 vom 29.7.2021

Eine digitale Plattform für zivilgesellschaftliches Engagement in Europa:
Der »European Hub for Civic Engagement«

Raphaela Hobbach

Inhalt

Eine digitale Plattform für zivilgesellschaftliches Engagement in Europa: Der »European Hub for Civic Engagement«
Digitale Räume für Kulturschaffende: Das Projekt »Europe takes part«
Ausblick: Weiterentwicklung und nächste Schritte des European Hub
Autorin
Redaktion

Eine digitale Plattform für zivilgesellschaftliches Engagement in Europa: Der »European Hub for Civic Engagement«

Emilia aus Italien, Besjana aus Albanien und Lars aus Schweden haben sich noch nie getroffen, sprechen aber offen über ihre Bedürfnisse als Kunst- und Kulturschaffende in Europa. Es ist Anfang Mai 2021 und die Einschränkungen der COVID-19-Pandemie sind immer noch deutlich spürbar. Die 30 europäischen Kunst- und Kulturschaffenden, die sich im Rahmen unseres Projekts »Europe takes part« treffen, sind von 30 verschiedenen Orten in Europa virtuell zugeschaltet – der eine sitzt in seinem Musikstudio, die andere in ihrem Schlafzimmer und ein weiterer im Hinterhof. Was alle Gesprächspartner:innen gemeinsam haben: sie alle verstehen sich als Teil der europäischen Zivilgesellschaft und möchten die Situation für zivilgesellschaftliche Akteure in Europa, insbesondere in Zeiten der Pandemie, gemeinsam verbessern.

Bereits im Jahr 2019 haben wir damit begonnen, zivilgesellschaftliche Akteure nach ihren Bedürfnissen zu befragen und technische Tools zu ihrer Unterstützung zu entwickeln. Mit unserem Projekt European Hub for Civic Engagement entwickeln wir, Das Progressive Zentrum, gemeinsam mit Citizens for Europe und Alliance4Europe eine digitale Infrastruktur für zivilgesellschaftliche Akteure in Europa, in der sich eine europäische Öffentlichkeit entwickeln kann, die kritisch diskutiert und sich gegenseitig unterstützt. Damit reagieren wir einerseits auf das Schrumpfen der Freiräume für zivilgesellschaftliche Akteure (»shrinking spaces«) und möchten andererseits die innovativen Möglichkeiten digitaler Räume nutzen.

Weitere Informationen zum Projekt European Hub for Civic Engagement

Ziel des European Hub ist es, ein digitales Toolkit aufzubauen und zu pflegen, das zivilgesellschaftliche Akteure und Organisationen in ganz Europa in der Zusammenarbeit unterstützt, ihre Reichweite erhöht und die Wirkung ihrer Aktivitäten in der europäischen Sozial- und Kulturlandschaft stärkt. Die Bereitstellung einer digitalen Infrastruktur ersetzt dabei nicht die physischen Verbindungen, sondern erhöht die Möglichkeiten der Begegnungen.

Was uns wichtig ist: Der European Hub wird für die Bedarfe unterschiedlicher Zielgruppen immer wieder angepasst und weiterentwickelt. Dies ist möglich Dank seines modularen Aufbaus und der ko-kreativen Arbeitsansätze, die darauf abzielen zivilgesellschaftlichen Organisationen Tech-Tools zur Verfügung zu stellen, die sie passgenau bei eben jenen Aktivitäten unterstützen, bei denen sie Hilfe benötigen.

Überzeugt davon, dass Civic-Tech-Tools nicht von einer kleinen, homogenen Gruppe stammen sollten, entwickelten wir die sogenannte »Hub-Methodik«, bei der eine repräsentative Auswahl von Akteur:innen anhand unterschiedlicher Diversitäts-Kriterien zusammengebracht wird. Bei den von uns moderierten Treffen identifiziert die Gruppe anhand eigener Erfahrungen und Beobachtungen konkrete Bedürfnisse. Im Kern dieser Bedarfsanalyse steht die Frage: Was fehlt der jeweiligen Zielgruppe für eine bessere Zusammenarbeit innerhalb Europas? Anschließend wird kritisch diskutiert, wie ein hilfreiches Civic-Tech-Tool konkret aussehen sollte. Sobald die gesammelten Ideen geclustert sind, entwickelt ein Design- und Programmierteam ein maßgeschneidertes Tool, das die Bedürfnisse und Diskussionen aus den Workshops widerspiegelt. Vor der Veröffentlichung des Tools gibt es zudem eine Feedback-Phase, in der sich die Workshop-Teilnehmer:innen durch die Testversion klicken und Feedback geben können.

Digitale Räume für Kulturschaffende: Das Projekt »Europe takes part«

Der European Hub soll für alle zivilgesellschaftlichen Akteure in Europa attraktiv sein, seine Funktionen können aber problemlos auf spezifische Zielgruppen zugeschnitten werden. Das Projekt Europe takes part, das wir in Kooperation mit dem Goethe-Institut durchführen, stellt beispielsweise eine Erweiterung des European Hub dar, die sich speziell an europäische Künstler:innen richtet. Da die Kunst- und Kulturszene in demokratischen Gesellschaften eine zentrale Rolle innehat und während der globalen Corona-Pandemie vor besonders großen Herausforderungen steht, haben wir uns gefragt: Wie können digitale Werkzeuge Kunst- und Kulturakteure in Europa stärken? Und welche Rolle können und sollen digitale Räume in der Zukunft der europäischen Kulturpolitik spielen?

Weitere Informationen zum Projekt Europe takes part

Neben der öffentlichen Diskussion der Thematik auf einem hochrangig besetzten kulturpolitischen Summit im Auswärtigen Amt im April 2021 bestand das Projekt auch aus vier ko-kreativen digitalen Workshops mit 30 Kunst-und Kulturschaffenden im Frühjahr 2021. Während der Bestandsaufnahme ihrer aktuellen Situation waren sich die Teilnehmer:innen hier ziemlich schnell klar darüber, was sie brauchen würden, um freier und kollaborativer in Europa zu arbeiten: »Fördermittel leichter zugänglich machen« und »bessere europäische Künstler:innennetzwerke entwickeln« waren die am häufigsten geäußerten Bedarfe während der Workshops. Basierend auf diesem Bedarf wird von unserem Design- & Development-Partner OddCamp aktuell eine konkrete, technische Lösung entwickelt. Das nun zu bauende »Funding Modul« des European Hub zielt auf drei Bereiche:

  1. Bestehende Profile werden erweitert

  2. Eine Fördermittel-Checkliste wird erarbeitet

  3. Die Suche nach Fördermitteln wird vereinfacht

Zum einen werden bestehende digitale Nutzer:innenprofile auf dem European Hub um Fördererfahrungen inhaltlich und visuell ergänzt. Dies soll bestehende Erfahrungen, Förderinteressen und neue Projektideen der Nutzer:innen sichtbar machen. Das zweite Kernstück des Funding Moduls ist eine Fördermittel-Checkliste, der sogenannte »Funding Wizard«. Hier wird ein Tool entwickelt, das die Nutzenden aktiv durch den Prozess des Schreibens eines Förderantrags begleitet. Anhand einer Reihe vorgegebener Regeln und Tipps wird den Nutzer:innen Anleitung und Feedback zu ihrem Antrag gegeben. Als dritte Funktion wird die Suche nach Fördermitteln vereinfacht. Über eine kuratierte Liste von Plattformen, die Finanzierungsmöglichkeiten aufführen, können Nutzende diese Fördermöglichkeiten nach einem oder mehreren Themen und Standorten filtern.

Der hier skizzierte »Funding«-Bereich, der sich vor allem auf Fördermöglichkeiten in den Bereichen Kunst und Kultur konzentriert, kann zu jeder Zeit auf andere gesellschaftliche Bereiche ausgeweitet und so für weitere Zielgruppen skaliert werden.

Ausblick: Weiterentwicklung und nächste Schritte des European Hub

Im Laufe der letzten drei Jahre hat der European Hub in partizipativen und kooperativen Prozessen die Bedürfnisse einzelner Zielgruppen zivilgesellschaftlicher Akteure und Organisationen skizziert und gesammelt. Aufbauend auf dem kollektiven Wissen von Expert:innen und der Community ist die Einrichtung eines Governance-Boards für die wachsende Community des European Hub der logische nächste Schritt, um das Projekt in ein echtes europaweites Netzwerk zu verwandeln und als Motor für die weitere Entwicklung zu dienen. Wir sind davon überzeugt, dass auf Langfristigkeit angelegte Strukturen die notwendige Voraussetzung für nachhaltigen Fortschritt in der europäischen Zivilgesellschaft sind, in der Entscheidungen demokratisch getroffen werden.

Wir haben uns zum Ziel gesetzt, private und öffentliche geldgebende Institutionen, größere NGOs, Bewegungen, Designer:innen und Programmierende aus verschiedenen Arbeitsbereichen in einem gemeinsamen Prozess zusammenzubringen, um den European Hub als legitimen Bezugspunkt für eine echte, europäische Zivilgesellschaft zu etablieren.

Da wir für die Stärkung der europäischen Zivilgesellschaft im digitalen Raum auf Unterstützer:innen und Mitstreiter:innen angewiesen sind, freuen wir uns sehr, wenn Sie sich auf dem European Hub anmelden, die Plattform in Ihrem Umfeld bewerben und sich bei Interesse an einer Kooperation bei uns melden.

Wir freuen uns darauf mit Ihnen ins Gespräch zu kommen!


Beitrag im Newsletter Nr. 15 vom 29.7.2021
Für den Inhalt sind die Autor*innen des jeweiligen Beitrags verantwortlich.

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Autorin

Dr. Raphaela Hobbach ist Senior Projektmanagerin für europäische Demokratie und internationalen Dialog bei dem Berliner Think Tank Das Progressive Zentrum. Sie leitet das Projekt »Europe takes part« in Kooperation mit dem Goethe-Institut zur Unterstützung von europäischen Kunst- und Kulturschaffenden mittels digitaler Tools, das ein Teilprojekt des »European Hub for Civic Engagement« darstellt.

Kontakt: raphaela.hobbach@progressives-zentrum.org](mailto:raphaela.hobbach@progressives-zentrum.org) | Twitter: @raphaelahobbach


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