Beitrag im Newsletter Nr. 15 vom 28.7.2022

Biodiversität sozial denken

Michael Schlitt & Paula Pälchen

Inhalt

Neue Initiative im Landkreis Görlitz
Der Träger der Initiative
Umwelt- und Naturschutz als Querschnittsprinzip
Autor*innen
Redaktion

Neue Initiative im Landkreis Görlitz

Für eine gelingende Transformation in Richtung Nachhaltigkeit braucht es die vereinte Kraft aller Menschen unserer Gesellschaft, die gemeinsam »an einem Strang ziehen«. Mit diesem Gedanken fördern Mitarbeitende der Stiftung Internationales Begegnungszentrum St. Marienthal (IBZ) seit einigen Monaten die Vernetzung zwischen Akteuren des sozialen und des ökologischen Engagementbereichs im Landkreis Görlitz. Derartige Kooperationen sind nach wie vor selten und zumeist mit Herausforderungen verbunden.

Daher wurde vom IBZ die Initiative »Biodiversität sozial denken« entwickelt, bei der Partnerschaften zwischen Akteuren des sozialen und ökologischen Engagementbereichs initiiert werden. Geplant sind z.B. gemeinsame Naturschutzprojekte, die den Lebenskontext von Menschen mit Benachteiligungen mitdenken und auf diese Weise Lernprozesse in Organisationen beider Engagementbereiche in Gang setzen. Dabei sollen auch Gruppen von Menschen für Nachhaltigkeitsthemen sensibilisiert werden, die bisher wenig Beachtung fanden. Denn vor dem Hintergrund der vielfältigen Herausforderungen auf dem Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung ist es nötig, dass möglichst alle Menschen verstehen, warum diese Nachhaltigkeitsziele für den Planeten und unsere Gesellschaft wichtig sind und wie jeder Mensch seinen Beitrag zu deren Erfüllung leisten kann.

Die Erfahrungen des IBZ zeigen, dass Umweltbildungsangebote oft bei Menschen ankommen, die ohnehin thematisch interessiert und engagiert sind, während viele weitere Menschen mit diesen Angeboten nicht erreicht werden. Ziel der Initiative »Biodiversität sozial denken« ist es daher, diese Menschen einzubeziehen, wobei der Fokus zunächst auf Menschen mit Beeinträchtigung liegt (körperliche und/oder geistige Behinderung, Suchtkranke etc.), jedoch später weiter gefasst wird.

Am Auftakttreffen der Initiative am 13.06.2022 nahmen 20 sozial und/oder ökologisch engagierte Akteure aus dem Landkreis Görlitz teil. Für einen inspirierenden Einstieg in das Thema sorgten zwei Referentinnen, die bereits erfolgreiche Nachhaltigkeitsprojekte mit Menschen mit Beeinträchtigung umsetzen. Kerstin Emonds von den Nationalen Naturlandschaften berichtete über Erfahrungen aus dem Projekt »Ungehindert engagiert«, in dem Freiwilligeneinsätze in Naturschutzgebieten und Workshops zu Umweltthemen in leichter Sprache durchgeführt werden. Anschließend folgte ein Vortrag von Nancy Menk zum Projekt »Das Geld hängt an den Bäumen«. Hier wird ungenutztes Obst geerntet, daraus werden Säfte und Schorlen hergestellt und im persönlichen Direktvertrieb verkauft. Mit dem Gewinn werden Arbeitsplätze für Menschen finanziert, die schwer Anschluss an den Arbeitsmarkt und die Gesellschaft finden.

Im Rahmen des Auftakttreffens entstanden nach diesen Impulsen einige konkrete Ideen, die nun weiterverfolgt werden. So wurde angeregt, die Bedarfe an Grünflächenpflege, z.B. in Naturparks und Biosphärenreservat etc. im Landkreis Görlitz, zu erfassen, um diese Bedarfe von Menschen aus sozialen Einrichtungen erfüllen zu lassen. Eine weitere Idee ist, dass Menschen aus sozialen Einrichtungen Äpfel und Birnen von Bäumen ernten, deren Obst ansonsten ungenutzt bliebe. Die Früchte sollen dann anschließend z.B. in einer mobilen Mosterei zu Saft verarbeitet und dann verkauft werden.

Aufgrund der positiven Resonanz zum Auftakttreffen und um die spürbare »Aufbruchsstimmung« zu nutzen, wurde noch im Juni 2022 zu »Mitmach-Tagen« auf der IBZ-Streuobstwiese eingeladen. Am ersten Tag kam eine Außenwohngruppe von Menschen mit geistiger Beeinträchtigung. Gemeinsam wurde die Streuobstwiese erkundet, Kirschen geerntet, Nistkästen gebaut sowie über Gartenvögel und ihr Brutverhalten informiert. Am nächsten Tag besuchte eine Gruppe der Werkstatt für Menschen mit Beeinträchtigung die Streuobstwiese und half beim Abtragen des Mahdgutes und der Wiesenpflege. Auch an diesem Tag wurde Wissen zum Thema »Streuobstwiese« vermittelt und wurden Kirschen geerntet.

Im Herbst 2022 wird es ein Anschlusstreffen der Initiative geben, um weitere Brücken zwischen dem sozialen und ökologischen Bereich zu bauen hin zu einer nachhaltigen Entwicklung.

Der Träger der Initiative

Die Stiftung Internationales Begegnungszentrum St. Marienthal (IBZ) liegt unmittelbar an der deutsch-polnischen Grenze zwischen Görlitz und Zittau. Sie hat ihren Sitz im heute noch aktiven Zisterzienserinnenkloster St. Marienthal.

Das IBZ bietet ein breites Angebot an Bildungs- und Begegnungsveranstaltungen. Ein eigenes Pädagog/-innenteam, über Projekte zeitlich befristet finanziert, organisiert jährlich ca. 100 Veranstaltungen für Jugendliche, Erwachsene, Senioren, Familien und Alleinstehende. Inhaltliche Schwerpunkte der Arbeit sind der grenzüberschreitende Dialog sowie die Umweltbildung und die politische Bildung.

Das IBZ ist in den vergangenen Jahren für seine innovative Bildungsarbeit mehrfach mit Preisen ausgezeichnet worden, so z.B. mit dem Deutschen Engagementpreis sowie dem Sächsischen Innovationspreis Weiterbildung.

Die Stiftung IBZ hat ein Grundstockvermögen in Höhe von 350.000 €. Die Erträge aus diesem Vermögen und die geringe institutionelle Förderung des IBZ reichen bei weitem nicht aus, um die derzeit ca. 45 Mitarbeitenden des IBZ zu bezahlen und die 16 denkmalgeschützten ehemaligen Wirtschaftsgebäude des Klosters zu unterhalten. Daher ist das IBZ darauf angewiesen, durch immer neue Projekte die notwendigen finanziellen Mittel einzuwerben. In diesem Zusammenhang leisten insbesondere die vielen Ehrenamtlichen im IBZ (Mitglieder des Stiftungsrates, des Kuratoriums, der Beiräte, des Förderkreises etc.) eine außerordentlich wichtige Arbeit.

Zum IBZ gehören die Gästehäuser St. Marienthal, die 150 Übernachtungsmöglichkeiten mit unterschiedlichen Standards: vom Einzelzimmer mit Dusche und WC im gehobenen Drei-Sterne-Standard (nach DEHOGA), über Doppelzimmer bis hin zu Vierbettzimmern im gehobenen Jugendherbergsstandard.

Zum Klostergelände gehören u.a.: Klosterkirche, Garten der Bibelpflanzen, östlichster Weinberg Deutschlands, historisches Sägewerk, Kalvarienberg (Stationsberg), Kreuz- und Michaeliskapelle, Klosterschenke, Walderlebnispfad und die Naturschutzstation.

Umwelt- und Naturschutz als Querschnittsprinzip

Das IBZ trägt jedes Jahr ein wenig mehr zum Umwelt- und Naturschutz bei. Dies ist nicht von mehr oder weniger zufälligen Maßnahmen abhängig. Grund für die stetigen Erfolge beim Umwelt- und Naturschutz ist vielmehr das bereits vor fast 20 Jahren eingeführte Umweltmanagementsystem des IBZ. Danach werden Umwelt- und Naturschutz als Querschnittsprinzip verstanden, das alle Bereiche des IBZ umfasst (Verwaltung, Außenanlagen, Bildungsarbeit, Baugeschehen, Küche, Hauswirtschaft etc.).

Für die stetigen Verbesserungen sorgen neben der Geschäftsführung des IBZ der Umweltbeauftragte des IBZ sowie die Mitglieder des »Grünen Tischs«. In diesem Gremium sind alle Arbeitsbereiche des IBZ vertreten. Der »Grüne Tisch« trifft sich viermal im Jahr und vereinbart die Maßnahmen für den Umwelt- und Naturschutz. Zusätzlich sorgt ein externer Sachverständiger für die Weiterentwicklung und Überprüfung der Maßnahmen. Dafür erhält das IBZ eine Zertifizierung gemäß EMAS III (zuletzt am 15.03.2021). Dieses Eco-Management and Audit Scheme, auch bekannt als EU-Öko-Audit oder Öko-Audit, wurde von der Europäischen Union entwickelt und ist ein Gemeinschaftssystem aus Umweltmanagement und Umweltbetriebsprüfung für Organisationen, die ihre Umweltleistung verbessern wollen.

Das IBZ versorgt sich jeweils zu 100% mit Strom (Stadtwerke Görlitz) und Wärme (Biomasseheizkraftwerk Ostritz) aus erneuerbaren Energien!

Weitere Informationen zum IBZ St. Marienthal

Sie engagieren sich im Landkreis Görlitz und möchten mit uns Biodiversität sozial denken? Melden Sie sich gern bei uns!
Kontakt: Lisa Lahr, Projektmanagerin E-Mail Tel: +49 35823 77233


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Für den Inhalt sind die Autor*innen des jeweiligen Beitrags verantwortlich.

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Autor*innen

Dr. Michael Schlitt ist Vorstandsvorsitzender des IBZ St. Marienthal.

Kontakt: schlitt@ibz-marienthal.de



Paula Pälchen ist derzeit studentische Praktikantin am IBZ St. Marienthal.

Kontakt: praktikant@ibz-marienthal.de


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