Beitrag im Newsletter Nr. 13 vom 1.7.2021

Bürokratie und Ehrenamt

Ingrid Pahlmann, MdB

Inhalt

Bürokratie – den nötigen Rahmen geben vs. Engagierten die Luft nehmen
Bürokratieentlastungen aus dieser Legislaturperiode
Die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt und Aufgaben für die kommende Legislaturperiode
Autorin
Redaktion

Bürokratie – den nötigen Rahmen geben vs. Engagierten die Luft nehmen

Bürokratie im Ehrenamt ist ein Thema, das mich nicht nur als in meinem Heimatort bürgerschaftlich Engagierte betrifft, sondern mich auch in meiner politischen Arbeit im Deutschen Bundestag kontinuierlich beschäftigt. Als Obfrau im Unterausschuss Bürgerschaftliches Engagement muss ich leider konstatieren: Bürokratiebelastung ist eines unserer brennendsten Themen, wenn nicht gar das Top-Thema. Ich will an dieser Stelle keine Illusionen wecken: Ehrenamt ohne Bürokratie wird es leider nicht geben. Denn viele Regeln haben wir uns als Gesellschaft bewusst für ein besseres Zusammenleben auferlegt. So sinnvoll und nötig viele dieser Vorgaben auch sind, wir müssen dringend und immer wieder auf den Prüfstand stellen, wo die Auflagen für die Zivilgesellschaft nicht mehr tragbar sind. Wo das den gemeinsamen und verlässlichen Rahmen gebende Korsett den Millionen Engagierten in unserem Land die Luft nimmt. Und wo wir bürokratische Fesseln bei neuen politischen Initiativen von vornherein vermeiden können. Dieser Aufgabe stellten wir uns fraktionsübergreifend im Unterausschuss bis zu seiner letzten Sitzung vor zwei Wochen. Als Koalition von CDU/CSU und SPD ist uns in dieser nun zu Ende gehenden Legislaturperiode nicht nur gelungen, schnelle und unbürokratische Hilfen zur Abfederung der Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Zivilgesellschaft sicherzustellen. Vielmehr konnten wir einige Bürokratieentlastungen und Verbesserungen für Ehrenamt und Engagement verwirklichen.

Bürokratieentlastungen aus dieser Legislaturperiode

Ein ganz frisches und besonders erfreuliches Beispiel von Bürokratieentlastung sind die Verbesserungen bei der Gebührenbefreiung beim Transparenzregister. Groß war der Ärger unter gemeinnützigen Vereinen, als sie vom Bundesanzeiger Gebührenbescheide für zurückliegende Jahre bekamen. Vielen war offenbar auch nicht die Möglichkeit der Gebührenbefreiung bekannt. Auf diese Missstände haben wir als CDU/CSDU-Fraktion schnell reagiert und im Juni dieses Jahres entsprechende legislative Schritte unternommen. Das Transparenzregister wird nun automatisch mit den vorliegenden Daten aus dem Vereinsregister befüllt werden. Das ist eine erhebliche Erleichterung für alle Ehrenamtlichen. Bis zum Jahr 2024 bleibt zwar eine einmalige Antragstellung auf Befreiung von Registergebühren notwendig. Der Bundesanzeiger soll aber proaktiv die Vereinsvorstände anschreiben und ein Musterschreiben zur Befreiung mitschicken. Vereine werden nun automatisch ins Transparenzregister eingetragen und der Bund trägt die Registergebühren für befreite Vereine. Ab 2024 entfällt dann die Antragstellung auf Gebührenbefreiung gänzlich.

Im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens zum Jahressteuergesetz 2020 haben wir einen weiteren wesentlichen Beitrag zum Abbau von Bürokratie geleistet und Verbesserungen im steuerlichen Gemeinnützigkeitsrecht auf den Weg gebracht. So haben wir beispielsweise die Bagatellgrenze für die steuerliche Gewinnermittlung für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb von 35.000 Euro auf 45.000 Euro angehoben. Damit erhöhen wir ferner den Handlungsspielraum und die Flexibilität im Ehrenamt. Eine weitere Erleichterung für kleinere Vereine ist zudem, dass sie nun – sofern sie die oben genannte Grenze nicht überschreiten – von der Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung befreit wurden. So können steuerbegünstigte Körperschaften über längere Zeit hinweg ihre Finanzmittel ansparen, längerfristig planen und (finanziell) aufwendigere Projekte zu ihrer Zweckverwirklichung durchführen.

Wichtig war aus meiner Sicht auch, dass wir die Zusammenarbeit von Non-Profit-Organisationen erleichtert haben. Das stärkt ihre Gestaltungsmöglichkeiten erheblich. Auch mit der Erhöhung der Grenze für einen vereinfachten Spendennachweis – von 200 Euro auf 300 Euro – machen wir den Vereinen das Leben ein Stückchen leichter.

Ein weiterer Baustein der Reform war die Erweiterung des Katalogs gemeinnütziger Zwecke in der Abgabenordnung. So zählen jetzt dazu auch Ziele wie beispielsweise Klimaschutz, Ortsverschönerung, Unterhaltung und Pflege von Friedhöfen sowie Freifunk.

Als Union haben wir uns darüber hinaus für die Erhöhung des Übungsleiterfreibetrags und der Ehrenamtspauschale stark gemacht und diese im Rahmen des Jahressteuergesetzes umgesetzt. Ab dem 1. Januar 2021 können Übungsleiter jährlich 3.000 Euro steuerfrei beziehen, die steuerfreie Ehrenamtspauschale wurde auf 840 Euro erhöht.

Mit diesem in aller Kürze beschriebenen Maßnahmenpaket gelang uns ein großer Sprung auf dem Weg zu mehr Steuerentlastungen und Bürokratieabbau. Bei der Reform griffen wir verschiedentlich geäußerte Forderungen auf und machen damit die tägliche Arbeit von gemeinnützigen Organisationen um Einiges einfacher.

Die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt und Aufgaben für die kommende Legislaturperiode

In dieselbe Stoßrichtung – um den Ehrenamtsbereich weiter zu fördern – gehen wir mit der Einrichtung der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt (DSEE). Diese Institution fungiert seit Juni 2020 als Anlauf- und Servicestelle für ehrenamtliche Strukturen und soll mit vielfältigen Hilfestellungen und Förderprogrammen insbesondere kleinere Initiativen unterstützen. Bei der Konzipierung der Stiftung legten wir einen besonderen Schwerpunkt auf die Stärkung ehrenamtlicher Strukturen in ländlichen Räumen. Dies stellt einen wichtigen Beitrag zur Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Stadt und Land dar.

Auch wenn wir relevante Fortschritte im Sinne engagementfreundlicher Rahmenbedingungen erreichten, geht uns die Arbeit in der kommenden Legislaturperiode des Bundestages nicht aus. Aus unseren zahlreichen Fachgesprächen im Unterausschuss und dem persönlichen Austausch mit Vereinen weiß ich, dass wir weitere Entlastungen und Vereinfachungen im Hinblick auf bürokratische und administrative Verpflichtungen brauchen. Vielerorts herrschen noch Unsicherheiten, wenn es um Haftungsfragen (GEMA, Urheberrecht) geht. Eine praktikable Lösung brauchen wir beim polizeilichen Führungszeugnis. Auch was die Behördensprache angeht, müssen wir mehr an ihrer Verständlichkeit arbeiten. Bürgernahe Verwaltung und kompetente Ansprechpartner vor Ort sind noch nicht überall eine Selbstverständlichkeit. Menschen mit niedrigem formalem Bildungsabschluss und mit Migrationsgeschichte sind im Engagementbereich unterrepräsentiert. Da gibt es offensichtlich Erschwernisse beim Zugang zum Ehrenamt. Vieles muss sich also noch ändern, um die Bürgergesellschaft zu stärken und das Engagement für potenziell Interessierte attraktiver zu machen. Dafür brauchen wir weiterhin einen aktiven und intensiven Austausch mit den Engagierten – so wie es in den letzten Jahren gute Praxis war. Darauf baue ich. Und im politischen Umfeld werbe ich mit Herzblut dafür, einen Vollausschuss zu Themen des Ehrenamts und des bürgerschaftlichen Engagements einzurichten, um den vielfältigen Fragestellungen zu mehr Durchschlagskraft zu verhelfen. Das sind wir den rund 30 Millionen Ehrenamtlichen schuldig.


Beitrag im Newsletter Nr. 13 vom 1.7.2021
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Autorin

Ingrid Pahlmann, MdB, CDU, Obfrau des Unterausschusses Bürgerschaftliches Engagement.

Kontakt: ingrid.pahlmann@bundestag.de


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