TRIS – Trisektorale Infrastruktur erschließen und unterstützen
Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zur gesellschaftlichen Transformation
Die schwerwiegenden Herausforderungen, vor denen Deutschland steht, erfordern eine tiefgreifende gesellschaftliche Transformation und einen Bewusstseinswandel, der eine tatsächliche Bewegung in der gesellschaftlichen Entwicklung nach sich zieht. Statt Nebeneinander und Gegeneinander ist eine gemeinschaftliche Anstrengung des Miteinander erforderlich. Als eine wesentliche Grundlage für die damit verbundene, notwendige Zeitenwende sind die bestehenden Potenziale der trisektoralen Zusammenarbeit von Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Arbeit sowie Politik und Verwaltung wirkungsvoller zu nutzen.
Herausforderungen und Potenziale
Für die Ausrichtung auf nachhaltige Lösungen sind die offenkundigen Schwächen in der Zusammenarbeit von Unternehmen, Verwaltungen und zivilgesellschaftlichen Organisationen zu überwinden.
Das vielfache Nebeneinander statt Miteinander vergeudet bisher Ressourcen und Innovationen auf wichtigen gesellschaftlichen Handlungsfeldern, die hier nur angedeutet werden können:
- Integration unterschiedlicher Gruppen in ein produktives Arbeitsleben,
- kreative Nutzung gesellschaftlicher Vielfalt,
- gemeinsames Engagement für Klimaschutz, Artenvielfalt und Mobilitätswende,
- bessere Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben,
- kohäsive Digitalisierungslösungen,
- dringende Qualitätsverbesserungen im Bildungsbereich zu lebenslangem Lernen,
- erfolgreiche Unternehmensführung entlang einer gesellschaftlich und ökologisch verantwortlichen Wertschöpfungskette,
aber auch die Bewältigung anderer drängender Fragen der Migration, des demographischen Wandels oder der Bekämpfung von Pandemien.
Erforderlich ist ein Kreativschub in Deutschland durch bessere Synergie und Koproduktion zwischen den Akteuren der Zivilgesellschaft, der Wirtschaft und der Verwaltung sowie die Verbesserung der gemeinsamen Infrastruktur der Zusammenarbeit. Dies gilt insbesondere für die Trisektoralität in den Regionen, in denen die Zusammenarbeit konkret wird.
Ansatzpunkte
Mittlerweile existieren zahlreiche Ansätze von regionalen Aktivitäten sowohl im Bereich der Zivilgesellschaft wie auch im Bereich der Wirtschaft und der Arbeitswelt. Im Bereich der Zivilgesellschaft sind hier an die vom BBE in Trägerschaft verantworteten Projekte „Engagierte Stadt“, „Engagiertes Land“ zu nennen. In der Wirtschafts- und Arbeitswelt gibt es zahlreihe Netzwerke zu unterschiedlichen Themen in den Regionen wie die Fachkräftenetzwerke, die Netzwerke zu Mädchen in MINT-Berufen oder zur wirtschaftlichen Standortsicherung. Die Partner der Offensive Mittelstand versuchen diese Netzwerke der Arbeitswelt momentan wirkungsvoller zusammenzuführen und die Potenziale zu bündeln.
Beide Netzwerkbereiche haben zwar teilweise den Anspruch der Trisektoralität, tatsächlich gelingt diese Zusammenführung der Handlungsfelder allerdings nur partiell. Dadurch bleiben erhebliche Ressourcen ungenutzt, wenn man alleine an die Probleme der Mitglieder der Migrantenorganisationen einerseits und die Frage des Fachkräftemangels besonders bei kleinen Unternehmen andererseits denkt.
In dem von der Offensive Mittelstand und ihren Partnern sowie dem BBE durchgeführten Projekt „Vielfaltsbewusster Betrieb“ wurden Bedarfe der Zusammenarbeit ermittelt und Handlungsleitfäden für die Akteure der Zivilgesellschaft und der KMU entwickelt. Inhaltliche Konzepte der Zusammenarbeit liegen also vor. Wie allerdings die bestehenden Netzwerke wirkungsvoller zusammengeführt werden können, um Trisektoralität in den Regionen leben zu können, welche Hemmnisse und fördernde Faktoren bei den Akteuren zur Zusammenarbeit bestehen, ist zu wenig bekannt.
TRIS setzt als Forschungs- und Entwicklungsvorhaben hier an. Dabei geht es darum, die bislang gewonnenen Praxisperspektiven zu bündeln und daraus Modelle bzw. Blaupausen für andere trisektorale Kooperationen vor Ort oder in der Region zu gewinnen. Die erkenntnisleitende Frage lautet, welche Elemente wie entwickelt werden müssen, damit sektorübergreifende Kooperationen gelingen können. Das Forschungs- und Entwicklungsvorhaben verfolgt diese Fragestellung entlang einer Reihe von Schlüsselthemen für erfolgreiche Kooperationskulturen. Folgende Schwerpunktthemen sollen dabei aufgegriffen werden:
- Analyse bestehender Netzwerke in den Regionen in den trisektoralen Handlungsfeldern
- Handlungs- und Motivationskulturen zur Netzwerkarbeit und zur trisektoralen Zusammenarbeit bei Partnern der trisektoralen Handlungsfelder
- Ressourcen und Förderstrukturen (unter der Berücksichtigung des Zusammenspiels von Haupt- und Ehrenamt in der Zivilgesellschaft sowie von Förderstrukturen und normativen Aufträge zur Netzwerkarbeit im Bereich der Wirtschaft)
- spezifische Rolle der Kommunen und kommunaler Netzwerke im trisektoralen Handlungsfeld
- spezifische Rolle der bestehenden regionalen Netzwerke von intermediären Organisationen der Arbeitswelt sowie von Unternehmensnetzwerken im trisektoralen Handlungsfeld
- Rolle von gemeinnützigen Organisationen in Netzwerken im trisektoralen Handlungsfeld
- Funktion von gemeinsamen trisektoralen Netzwerken für regionale Identitätsbildung
- Hemmende und fördernde Faktoren zur sektorenübergreifenden Kooperation (unter Berücksichtigung der jeweiligen Handlungslogiken)
- Faktoren zur Netzwerkentwicklung und –pflege trisektoraler Netzwerke
Ziele des TRIS-Vorhabens
In dem Forschungs- und Entwicklungsvorhaben TRIS soll ermittelt werden, wie die bestehenden trisektoralen Potenziale der Akteure vor Ort wirkungsvoller erschlossen werden können, um kontinuierliche Kooperationen künftig zu erleichtern. Es geht dabei um bessere Rahmenbedingungen, Infrastrukturen und Prozesse für alle trisektoralen Akteure, um ihre eigenen Aufgaben besser realisieren und für die gesellschaftliche Transformation systematischer nutzen zu können.
Das Vorhaben wird die trisektoralen Potenziale vollständiger ausleuchten, systematisieren und konzeptionell für gemeinsame Infrastrukturen und Prozesse erschließen. TRIS wird also nicht selbst Praxisansätze durchführen, sondern aus bestehenden Ansätzen Schlussfolgerungen ziehen und Konzepte, Modelle und Produkte entwickeln, mit denen die handelnden Akteure oder auch potenzielle künftige Kooperationen ihre Arbeit weiterentwickeln und besser gestalten können. Die Konzepte, Modelle und Produkte werden in fünf ausgewählte Regionen erprobt und mit der bestehenden Kooperationspraxis in den Regionen verbunden werden.
Es soll auch erforscht und erprobt werden, inwieweit personell qualifiziert ausgestattete, trisektoral getragene Knotenpunkt (z. B. „Häuser der Kooperation“) für alle Arten der Zusammenarbeit in den verschiedenen Themenbereichen sinnvoll und nützlich sein können und wer Träger solcher Knotenpunkte sein könnte. Zudem werden Informationen und Kommunikationswege aufbereitet, die das Kennenlernen und die Transparenz zwischen den trisektoralen Handlungsfeldern erschließt - integriert in die bestehenden Transferstrukturen der Projektpartner
Aufbau des Projekts
Das Forschungs- und Entwicklungsvorhaben TRIS soll im Rahmen eines Projektkonsortiums durchgeführt werden. Dafür kommen bislang folgende Organisationen in Frage:
- Offensive Mittelstand / Stiftung Mittelstand Gesellschaft Verantwortung (Konsortialleitung)
- BBE Geschäftsstelle gGmbH (Träger des Bundesnetzwerks Bürgerschaftliches Engagement)
- Bundesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen (bagfa e. V.)
- Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmodernisierung (KGSt)
- Institut für Mittelstandsforschung – IfM (wissenschaftliche Leitung)
Das Projektbüro wird bei der Transferstelle der Offensive Mittelstand in Köln angesiedelt. Die Konsortialpartner sind mit Stellenanteilen und Ressourcen am Vorhaben beteiligt. Das Projekt wird begleitet durch einen Kreis von Partnerorganisationen (Kooperationspartner) aus den Bereichen Wirtschaft und Arbeit, Zivilgesellschaft und Kommune bzw. Verwaltung.
Die Arbeit beinhaltet verschiedene Formate entlang der oben skizzierten Themen. Sie wird begleitet durch quantitativen und qualitativen Erhebungen, Workshops, Fachwerkstätten und Fachgespräche, Literaturrecherche und -studien, Expertisen zu ausgewählten Fragestellungen und mehrere Fachkonferenzen.
Als Produkte werden ein Forschungsbericht, ein Praxisleitfaden zur trisektorale Zusammenarbeit (ggf. jeweils in der Semantik und der Referenz der drei Zielgruppen), eine Best-Practice-Sammlung und Handlungsempfehlungen für die künftige Ausgestaltung trisektoral orientierter Infrastrukturpolitik entwickelt.
Das Projekt soll über einen Zeitraum von fünf Jahren laufen.