Beitrag im Newsletter Nr. 8 vom 15.4.2021

Digitalisierungsstrategie – Finden Sie Ihr WARUM

Susanne Saliger

Inhalt

Viele Wege führen zur passenden Digitalisierungsstrategie
Der Leitfaden
Digitalisierungsstrategie – Finden Sie Ihr WARUM
Auf einen Blick: Gelingenskriterien
Über das Programm: Die Verantwortlichen #digital
Endnoten
Autorin
Redaktion

Viele Wege führen zur passenden Digitalisierungsstrategie

Was ist eine »Digitalisierungsstrategie«? Oder »Digitalstrategie«? Oder »digitale Strategie«? Was bedeutet Digitalisierung für eine Organisation? Und wie wird so eine Strategie entwickelt?

Wie so oft gibt es nicht die eine Definition und auch nicht den einen Königsweg. Viele zivilgesellschaftliche Organisationen haben die Gemeinsamkeit, dass sie den digitalen Wandel aktiv gestalten und aus dem technologischen Fortschritt einen Nutzen für ihre Engagierten, ihre Zielgruppen und ihre Mitarbeitenden ziehen möchten. Sei es die Einführung neuer Software, die Anschaffung von Hardware oder die Qualifizierung der Engagierten und Hauptamtlichen – nicht erst seit der Pandemie erhält die Digitalisierung Aufmerksamkeit in den Organisationen. Gleichwohl die Pandemie diesen Prozess beschleunigt. Es bieten sich viele Chancen und Potenziale durch die Digitalisierung, aber auch Hürden und Risiken.

Die Robert Bosch Stiftung und das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat haben mit dem Träger, der Akademie für Ehrenamtlichkeit Deutschland[1], 2019 ein mehrjähriges Programm initiiert, um zivilgesellschaftliche Akteure in der strategischen Entwicklung der Digitalisierung in ihren Organisation zu unterstützen: »Die Verantwortlichen #digital«[2]

Der Leitfaden

Die 1. Förderrunde mit 28 Verantwortlichen aus 14 Organisationen bundesweit wurde von Oktober 2019 bis Dezember 2020 durchgeführt und durch ZiviZ – Zivilgesellschaft in Zahlen gGmbH[3] wissenschaftlich begleitet. In enger Zusammenarbeit mit dem Projektteam der Akademie für Ehrenamtlichkeit hat das Forscherteam die Strategieentwicklung und deren Umsetzung beobachtet und daraus Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen für die Praxis entwickelt. Herausgekommen ist der Leitfaden »Den digitalen Wandel in zivilgesellschaftlichen Organisationen aktiv gestalten«.[4] In fünf Schritten werden die Leser*innen durch den (digitalen) Transformationsprozess einer Organisation begleitet:

• Initialisieren
• Konzipieren
• Mobilisieren
• Umsetzen
• Verstetigen

Jeder Schritt wird erläutert und mit Praxisbeispielen verschiedener Organisationen aus dem Programm illustriert. Am Ende jeden Schrittes sind Leitfragen und eine Checkliste zu finden. Ergänzt wird der Leitfaden durch einen Exkurs zum Umgang mit Widerständen in Veränderungsprozessen und einem Serviceteil mit weiterführenden Leitfäden und Links.

Digitalisierungsstrategie – Finden Sie Ihr WARUM

Flankiert werden die fünf Phasen eines organisationalen Transformationsprozesses durch grundlegende Gedanken und Beobachtungen:

Digitalisierung ist mehr als technologischer Fortschritt: Der Begriff Digitalisierung ist nach wie vor schwer zu greifen. Insbesondere von kleineren und rein ehrenamtlichen Vereinen wird Digitalisierung als Konstrukt wahrgenommen, das erstmal keine Berührungspunkte mit dem Engagement zu haben scheint. Hinzu kommt, dass es je nach Engagementbereich unterschiedliche Herausforderungen gibt: Art der Tätigkeiten, Bedürfnisse der Zielgruppen, Anzahl der Ehren- und Hauptamtlichen, Nutzung von digitalen Anwendungen (und Befähigung dazu) sowie der Ausbau der technischen Infrastruktur, um nur einige Herausforderungen zu nennen. Hier kann es Inspiration und Hilfestellung für die organisationale Weiterentwicklung, aber keinen Königsweg geben.

Im Zentrum stehen die Menschen. Auch wenn Digitalisierung häufig mit Technologie assoziiert wird, stehen im Mittelpunkt von digitalen Veränderungsprozessen die Organisationsangehörigen, die die Organisationskultur (im Sinne von Denk- und Verhaltensweisen, geteilten Haltungen und Werten) prägen. Handlungsleitend für die ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitenden sind vor allem die Bedürfnisse und Wünsche ihrer Zielgruppen (z. B. Kinder, Jugendliche, pflegebedürftige Menschen, Suchtabhängige etc.). Mit den Mitarbeitenden kann eine Basis für erfolgreiche digitale Veränderungsprozesse geschaffen und gefördert werden, die unabhängig von finanziellen Ressourcen ist. Dies kann durch Ausprobieren, Austausch untereinander und mit anderen Organisationen, gelebte Fehlerkultur, Erfahrungen sammeln, Pilotprojekte durchführen und Experimentierräume schaffen u. ä. ermöglicht werden. Dadurch kann eine Offenheit für Veränderungen entstehen und dem Thema mit weniger Angst begegnet werden.

Inwiefern kann Digitalisierung die Erreichung der Organisationsziele unterstützen? Neben Digitalisierung ist auch der Begriff Strategie für viele etwas Abstraktes. Gemeint ist, sich bewusst zu machen, in welche Richtung sich die Organisation verändern möchte und wo der Fokus liegen soll. Im Leitfaden wird Digitalisierungsstrategie als strukturierter Denkprozess definiert, »…der hilft, Entscheidungen zu treffen und Chancen zu erkennen, die mit digitalen Transformationsprozessen einhergehen. Dieser Prozess ist nicht losgelöst von anderen strategischen Entscheidungen…«[5], sondern ein Teil davon. Digitale Veränderungen sollten nicht um der Digitalisierung willen erfolgen, jedoch Fragen nach dem Nutzen (inwiefern hilft Digitalisierung, um z. B. mehr Ehrenamtliche zu gewinnen) und dem WARUM beantworten. Das WARUM hilft, die eigenen Beweggründe zu erforschen. Es wird ein Bewusstsein dafür geschaffen, WARUM Digitalisierung in der Organisation genutzt werden soll(te) oder WARUM in bestimmten Bereichen auch nicht. Dies ermöglicht, grundlegende Entscheidungen zu treffen, welche digitalen Veränderungen erfolgen sollen.

Auf einen Blick: Gelingenskriterien[6]

Zusammenfassende Gelingenskritierien geben Orientierung und Tipps bei der strategischen Gestaltung des digitalen Wandels in zivilgesellschaftlichen Organisationen:

» Warum und wofür: Warum machen Sie das und wofür ist es gut?

» Done is better than perfect: Entwickeln Sie eine digitale Organisationskultur und haben Sie Mut zum Unperfekten.

» Mindset: Veränderungsbereitschaft ist ein zentrales Kriterium, das die Voraussetzung schafft, Dinge neu zu denken. Gehen Sie mit Neugier und Offenheit in den Prozess.

» In den Rucksack schauen: Welche Erfahrungen zum Thema Digitalisierung wurden bereits gesammelt? Bauen Sie darauf auf.

» Das Rad nicht neu erfinden: Wie lösen andere Organisationen digitale Herausforderungen? Holen Sie sich Inspiration.

» Informierte Entscheidungen treffen: Identifizieren Sie Trends und hinterfragen Sie sie.

» Prioritäten setzen: Nicht alle Vorhaben auf einmal umsetzen, sondern mit einem Pilotprojekt starten, in dem erste Erfahrungen gesammelt werden können.

» Kommunikationsmaßnahmen planen: Binden Sie frühzeitig beteiligte Personen in den Prozess ein, so können Sie Widerständen entgegenwirken.

» Eine verantwortliche Person bestimmen: Es bedarf jemanden, der bzw. die das Thema mit Begeisterung in die Organisation trägt.

» Ein digitales Team bilden: Identifizieren Sie Personen, die den Prozess befürworten und als Treiber fungieren können.

» You are not alone: Viele Organisationen befinden sich in einer ähnlichen Situation. Gehen Sie in den Austausch (Peer Learning) und lernen Sie voneinander.

» Nehmen Sie sich Zeit: Kleine Schritte sind auch Schritte, aber kommen Sie in den Prozess des Handelns.

» Nur wer nichts macht, macht keine Fehler: Haben Sie Mut, etwas auszuprobieren und auch Fehler zu machen. Lernen Sie aus den Fehlern.

Über das Programm: Die Verantwortlichen #digital

In zwei Förderrunden werden je 14 Organisationen bundesweit bei der Erarbeitung einer zielgerechten und passgenauen Digitalisierungsstrategie unterstützt. Aus jeder dieser Organisationen werden zwei verantwortliche Personen gesucht (Leitungsebene und Digitalisierungsverantwortliche*r), die am Programm teilnehmen. Durch professionelle Beratung bei der Analyse, Strategieentwicklung und ersten Umsetzungsschritten wird ihre Organisation begleitet. Die Verantwortlichen nehmen an persönlichen Weiterbildungen teil, um ihre Führungs- und Digitalkompetenzen zu erweitern. Zudem tauschen sie sich mit anderen Verantwortlichen aus dem Programm bei Peer-to-Peer- und Vernetzungstreffen intensiv aus und beraten sich gegenseitig. Darüber hinaus können die jeweiligen Organisationen zur Umsetzung der geplanten Strategiemaßnahmen ein Budget beantragen


Endnoten

[1] https://www.ehrenamt.de

[2] https://www.die-verantwortlichen-digital.de

[3] https://www.ziviz.de/

[4] Online verfügbar unter https://www.die-verantwortlichen-digital.de/Erkenntnisse/165_Wissenschaftliche_Begleitung.htm

[5] Bork, M./Dr. Tahmaz, B. (2021): Den digitalen Wandel in zivilgesellschaftlichen Organisationen aktiv gestalten, S. 14, online verfügbar unter: https://www.die-verantwortlichen-digital.de/Erkenntnisse/mediabase/pdf/210330_zsv_leitfaden_die_verantwortlichen_rz_digital_968.pdf

[6] Ebd., S.34/35


Beitrag im Newsletter Nr. 8 vom 15.4.2021
Für den Inhalt sind die Autor*innen des jeweiligen Beitrags verantwortlich.

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Autorin

Susanne Saliger ist Beraterin und Trainerin bei der Akademie für Ehrenamtlichkeit Deutschland. Sie leitet das Projekt »Die Verantwortlichen #digital«.

Kontakt: saliger@ehrenamt.de Twitter: @SusanneSaliger


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