Beitrag im Newsletter Nr. 6 vom 30.3.2020

Gesellschaftliche Wirkung ist wichtiger als finanzielle Rendite – Social Entrepreneurs setzen klare Prioritäten

Katrin Elsemann

Inhalt

Ehrenamt bei Social Entrepreneurs

Über die Studie

Über SEND

Endnoten

Autorin

Redaktion



Die Veröffentlichung des 2. Deutschen Social Entrepreneurship Monitors zeigt: Für eine enkeltaugliche Zukunft zu arbeiten ist der wichtigste Treiber für Sozialunternehmer*innen.

Nicht erst durch die Corona – Pandemie werden wir als Gesellschaft vor viele Herausforderungen gestellt: Alters- und Kinderarmut, Integration, die gesellschaftliche Spaltung, die Umbrüche der digitalen Transformation, unsere alternde Gesellschaft oder natürlich der Klimawandel. Social Entrepreneurs stellen diese Herausforderungen ins Zentrum ihres Handelns – sie haben sich gegründet, um genau diese Probleme unternehmerisch anzugehen. Was sie so besonders macht und vor welchen Hürden sie in Deutschland stehen, das untersucht der Deutsche Social Entrepreneurship Monitor (DSEM), den das Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland (SEND) im Februar zum zweiten Mal veröffentlicht hat.

Zu den wichtigsten Ergebnissen zählen dabei:

Gesellschaftliche Herausforderungen zu lösen ist der wichtigste Treiber für die Social-Entrepreneurs. Eine gesellschaftliche Wirkung zu erzielen ist für die meisten (83,5 Prozent) vorrangig gegenüber finanzieller Rendite und für insgesamt 96,7 Prozent mindestens gleichwertig zu finanzieller Rendite.

Dabei erweisen sich Sozialunternehmer*innen erneut als sehr innovativ. 87,3 Prozent berichten von einer mindestens deutschlandweiten Marktneuheit.

Der Frauenanteil unter den Gründenden ist mit 46,7 Prozent vergleichsweise hoch.

81 Prozent der befragten Social Entrepreneurs sagen, dass sie ihre Gewinne schwerpunktmäßig bis ausschließlich für den Zweck der Organisation reinvestieren.

Die am häufigsten genannten Wirkungsfelder sind folgende SDGs: »Hochwertige Bildung« (46,2 Prozent), »Nachhaltige/r Konsum und Produktion« (45,3 Prozent), »Gesundheit und Wohlergehen« (44,3 Prozent) und »Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum« (43,4 Prozent).

Innerhalb der eigenen Lieferketten ist gesellschaftliche Wirkung ebenfalls ein relevantes Thema. 94,3 Prozent der DSEM-Social-Entrepreneurs berücksichtigen Aspekte der Fairness und Nachhaltigkeit in ihren Lieferketten.

»Wertschätzung ist ein prägender Bestandteil unseres Unternehmens und betrifft alle Instanzen. Auch den Bereich unserer Lieferkette«, sagt zum Beispiel Samuel Waldeck von Shiftphones. Des Weiteren spielt »New Work« eine große Rolle: Themen wie transparente Gehälter oder Einbindung der Mitarbeitenden in strategische Entscheidungen, werden von den Teilnehmenden der Studie gelebt. »Wir verstehen uns als Versuchslabor, für wie die Wirtschaft eigentlich sein sollte.«, findet Elisa Naranjo von einhorn.

Neben dem Potential zeigt der DSEM aber auch auf, dass Social Entrepreneurship sich in Deutschland noch vielen Herausforderungen stellen muss – zum Beispiel was die Rechtsform von Sozialunternehmen angeht. David Griedelbach, Gründer und Geschäftsführer von Quartiermeister, einem Berliner Sozialunternehmen, hat sich z.B. für eine »(…) hybride Struktur entschieden, da es keine Rechtsform gibt, die beide Komponenten, also das Unternehmerische und das Soziale, in einem Konstrukt vereint.« Das Fehlen einer passenden Rechtsform beklagen folglich 51 Prozent der befragten Social Entrepreneurs als große Hürde.

Zudem sind die Start- und Anschlussfinanzierung und der Zugang zum Finanzmarkt für Social Entrepreneurs nur schwer zu erreichen. Die Unterstützung der Politik auf Bundesebene wird eher als unzureichend wahrgenommen und erhält – wie im Vorjahr - eine Note von 4,6.

Ehrenamt bei Social Entrepreneurs

Viele Sozialunternehmen arbeiten zusammen mit ehrenamtlichen Freiwilligen. Insgesamt zwei Drittel der Social Entrepreneurs im DSEM geben an, ehrenamtliche Mitarbeiter*innen zu beschäftigen. Über 40 Prozent berichten von bis zu 4 ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen (Vollzeitäquivalent) – andere haben bis zu 250 oder mehr Freiwillige in ihre Arbeit integriert.

Hier geht es zum Deutschen Social Entrepreneurship Monitor 2019 [1] des DSEM.

Freiwilliges Engagement ist eine tragende Säule unserer Gesellschaft – das merken wir auch jetzt wieder in Krisenzeiten. Auch viele junge Menschen haben Lust sich zu engagieren – wie beim #WirVsVirus Hackathon der Bundesregierung, an dem über 42000 Menschen teilgenommen haben, um innovative Lösungen für die Auswirkungen der Corona-Pandemie zu entwickeln. Oft finden sie aber im klassischen Ehrenamt keinen Platz. Digitale Plattformen schaffen hier Abhilfe und stellen beim Suchen und Finden von Freiwilligen und Projekten eine wichtige Anlaufstelle dar.

Daher sollte auch die Politik einen Beitrag leisten, die Engagementlandschaft zeitgemäß und wirkungsorientiert zu gestalten. Bisher wurden die Chancen der Digitalisierung und der Diversifizierung des Engagements nicht ausreichend genutzt. SEND hat deshalb mit Mitgliedern, die an der Schnittstelle zwischen klassisch ehrenamtlichen Organisationen und der Wirtschaft arbeiten, ein Positionspapier [2] erarbeitet. Wir wollen damit zeigen, wie die Rahmenbedingungen für das bürgerschaftliche Engagement und seine Unterstützer*innen zeitgemäß und sozial-innovativ angepasst werden können. Denn es geht um Aspekte wie Identifikation, Wertschätzung und Mitgestaltung. Digitale Lösungen setzen hier an und vereinfachen die Bürokratie und senken Zugangsbarrieren.

Über die Studie

Der Deutsche Social Entrepreneurship Monitor (DSEM) ist eine jährliche Studie zu Social Entrepreneurship in Deutschland. In der Studie werden Sozialunternehmer*innen nach dem Status ihrer Organisation befragt. Auf diese Weise können die Potentiale, Bedürfnisse und Herausforderungen von Social Entrepreneurs besser verstanden werden. Ermöglicht wurde die Studie durch SAP SE.

Über SEND

Das Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland e.V. (SEND) wurde 2017 in Berlin gegründet mit dem Ziel Sozialunternehmen zu vernetzen, zu stärken und eine gemeinsame Stimme zu geben. SEND baut wichtige Brücken zur Politik, klassischer Wirtschaft und Zivilgesellschaft, um positiven Wandel in unserer Gesellschaft voranzutreiben und die Rahmenbedingen für soziale Innovationen zu verbessern.

Endnoten

  1. https://www.send-ev.de/uploads/DSEM2019.pdf
  2. https://www.send-ev.de/uploads/positionspapier_engagement.pdf

Beitrag im Newsletter Newsletter Nr. 6 vom 30.3.2020

Für den Inhalt sind die Autor*innen des jeweiligen Beitrags verantwortlich.

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Autorin

Katrin Elsemann ist Geschäftsführerin des Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland (SEND). Sie ist studierte Entwicklungsökonomin und war lange in der internationalen Zusammenarbeit tätig. Danach gründete sie selbst zwei Sozialunternehmen. Seit September 2017 leitet sie das operative Geschäft von SEND, um den Social Entrepreneurship Sektor in Deutschland zu vernetzen, die Sozialunternehmer*innen zu stärken und ihnen eine Stimme gegenüber Politik, Wohlfahrt und Wirtschaft zu geben.

Kontakt: katrin.elsemann@send-ev.de


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