Beitrag im Newsletter Nr. 16 vom 13.8.2020

Die Rolle der Zivilgesellschaft in der »Guten Regierungsführung«

PD Dr. Ansgar Klein

Inhalt

Was ist Zivilgesellschaft?
Civic Spaces und Shrinking Spaces
Unzivile Akteure in den Handlungsräumen der Zivilgesellschaft
Funktionen der Zivilgesellschaft
Bürgerschaftliches Engagement: Konturen einer integrierten Engagement- und Demokratiepolitik
Leitbilder staatlichen Handelns: Neues Steuerungsmodell, Aktivierender Staat, Ermöglichender Staat
Das Leitbild der Bürgerkommune
Governance: Einbezug und Teilhabe als Qualitäten des Regierungshandelns
Koproduktionen öffentlicher Güter unter Mitwirkung der Zivilgesellschaft
Autor
Literatur
Redaktion

Was ist Zivilgesellschaft?

Der Raum der Zivilgesellschaft lässt sich idealtypisch abgrenzen von den Sphären des Staates, des Marktes und der Privatsphäre. Unter Zivil- oder Bürgergesellschaft wird unter Aufnahme unterschiedlicher Traditionslinien der Begriffsgeschichte die Gesamtheit der öffentlichen Assoziationen, Vereinigungen, Bewegungen und Verbände verstanden, in denen sich Bürgerinnen und Bürger auf freiwilliger Basis versammeln und Einfluss auf die politische Meinungsbildung nehmen. Zivilgesellschaft ist somit eine gesellschaftliche Sphäre jenseits des Staates, jedoch nicht jenseits des Politischen (Adloff 2005; Klein 2001; Klein 2020a; Kocka 2003; Strachwitz u.a. 2020).

Die Assoziationen der Zivilgesellschaft befinden sich in einem intermediären Raum der Öffentlichkeit zwischen Staat, Wirtschaft und Privatsphäre und stehen prinzipiell jedem offen. Neben den bezeichneten Organisationen und Assoziationen gehört auch ungebundenes Engagement (zum Beispiel Demonstrationen, Streiks, Petitionen oder Boykottmaßnahmen) zum zivilgesellschaftlichen Bereich, sofern es sich ebenfalls durch Freiwilligkeit, Öffentlichkeit, Gemeinschaftlichkeit sowie die Transzendierung privater Interessen auszeichnet. Doch bleibt Zivilgesellschaft abhängig vom staatlichen Schutz von Menschen- und Bürgerrechten und von einer Dezentralisierung ökonomischer Macht (zum Verhältnis von Kapitalismus und Zivilgesellschaft siehe Adloff u.a. 2016).

Zivilgesellschaft ist auf motivierende zivile Verhaltensstandards wie Toleranz, Verständigung, Kompromissbereitschaft, Gewaltfreiheit, aber auch auf eine über das rein private Interesse hinausgehende Orientierung am Gemeinsinn angewiesen. Als utopisches Moment kann das selbstregierte demokratische Zusammenleben gelten.

Analytisch verweist Zivilgesellschaft auf vielfältige selbstorganisierte (auch informelle) Akteure in spezifischen intermediären Handlungsräumen, deren Voraussetzungen von Rechtsstaat und Demokratie institutionell abhängen. Zu diesen Voraussetzungen gehören eine kritische Öffentlichkeit, Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit oder auch die staatliche Gewaltenteilung (zur Debatte um die Zukunft der Demokratie siehe: Forschungsjournal Soziale Bewegungen 2018).

Civic Spaces und Shrinking Spaces

Autoritäre Regime grenzen die rechtsstaatlich garantierten Handlungsräume der Zivilgesellschaft (civic spaces) systematisch ein (shrinking spaces). Zivilgesellschaftliche Aktivistinnen und Aktivisten erfahren dann Behinderung, Bedrohung oder gar Gewalt wegen ihrer Arbeit (Brot für die Welt 2019).

Für die Zivilgesellschaften in Autokratien und autoritären Regimen gilt es, die Übergänge von Dissidenz zu offenen und öffentlich auftretenden Formen zivilgesellschaftlicher Einflussnahme klug zu steuern. Demokratische Transformationsprozesse und entsprechende Allianzbildungen mit Teilen eines sich liberalisierenden Regimes sind möglich. Aber eben auch weitere Stabilisierungsprozesse autoritärer Regime mit anwachsenden Einschränkungen der Gewaltenteilung und des Rechtsstaats und mit wachsenden Repressionen. Spaltungen innerhalb der Zivilgesellschaft und der Umgang mit vom Regime instrumentierten Formationen der Zivilgesellschaft stellen ernste Herausforderungen dar.

Im Umgang mit diesen Herausforderungen kann auch ein internationales Netzwerk von Partnern und Unterstützern wichtige Beiträge zu einer gemeinsamen Entwicklung von Zivilgesellschaft und Demokratie leisten. Hier sind auch Fragen der Europa-, Außen-, Wirtschafts- und Entwicklungspolitik mit berührt.

Unzivile Akteure in den Handlungsräumen der Zivilgesellschaft

In den Handlungsräumen der Zivilgesellschaft stoßen wir freilich auch auf eine wachsende Anzahl von Akteuren, deren Handlungsorientierungen als unzivil und antidemokratisch bezeichnet werden müssen (vgl. Roth 2003). Daher ist es im Sinne einer zivilgesellschaftlichen Verantwortung für die eigenen Handlungsräume und -grundsätze notwendig, Kriterien zur Beurteilung der zivilgesellschaftlichen Qualität des Handelns zu formulieren.

Bei den »Kriterien einer guten Zivilgesellschaft« ist auszugehen vom Prinzip der zivilgesellschaftlichen Selbstorganisation, das sich aus dem Verständnis des Menschen in seiner grundsätzlichen Freiheit begründet und dieses Verständnis auch auf die diese Freiheiten ermöglichende staatliche Ordnung überträgt. Daraus leiten sich der Grundsatz einer umfassenden Subsidiarität, der Respekt vor anderen Positionen und Lebensentwürfen sowie ein grundlegendes Bekenntnis zu einer pluralistischen Gesellschaft und zu den Prinzipien eines demokratischen Rechtsstaats ab. Menschen- und Bürgerrechte, Herrschaft des Rechts, Demokratie und kulturelle Vielfalt gehören in den normativen Kern eines zivilgesellschaftlichen Selbstverständnisses und Wertebewusstseins.

Wer sich zu alldem nicht bekennen kann, wird kaum als gute Zivilgesellschaft Akzeptanz finden. Zu diesen fundamentalen Prinzipien treten weitere, die Gegenstand von Diskussionen sind. Hierzu zählen beispielsweise das Recht auf freie Assoziation, das Bekenntnis zu Transparenz und der Grundsatz der offenen Gesellschaft, wonach Akteure, die für das Gemeinwohl zu arbeiten vorgeben, der Öffentlichkeit ihre Ziele, Finanzierung und Entscheidungswege offenzulegen haben (vgl. Strachwitz 2018: 5; auch FES 2017).

Funktionen der Zivilgesellschaft

Die notwendigen Handlungsspielräume für zivilgesellschaftliche Akteure werden mit Blick auf deren Funktionen verständlich. Sie sind:

• Wächter (beispielsweise Verbraucherschutz),

• Themenanwalt (Naturschutz, Bürgerrechtsgruppen, Gewerkschaften etc.),

• Dienstleister (Wohlfahrtswesen, Bildung etc.) sowie

• Mittler (Dachverbände, Förderstiftungen etc.)

• sie sind in der Selbsthilfe tätig (Patientenselbsthilfen, Sport etc.),

• sie tragen zur Gemeinschaftsbildung bei (Religionsgemeinschaften, Laienmusik, Brauchtumsvereine etc.)

Akteure der Zivilgesellschaft tragen zur politischen Mitgestaltung bei, etwa in politischen Parteien oder auch zivilgesellschaftlichen Think Tanks (vgl. Strachwitz 2018; zu Parteien siehe Evers/Leggewie 2018). Die Rolle der zivilgesellschaftlichen Akteure ist also vielfältig und deckt in variierenden Konstellationen oft mehrere der dargestellten Funktionen ab. So sind etwa die Organisationen mit Wächterfunktionen und/oder mit der Rolle eines Themenanwalts (soziale Gerechtigkeit, Menschenrechte, Umwelt u.a.) dringend angewiesen auf Öffentlichkeit und Meinungsfreiheit.

Fragen wie »Wer übt warum welche Machtposition aus?« oder »Wer profitiert von öffentlicher Förderung?« können nur mit Transparenz in Politik, Verwaltung, Unternehmen wie auch zivilgesellschaftlichen Organisationen beantwortet werden. Einblicke in die öffentlichen Haushalte, in Verwaltungsvorgänge oder Mittelvergabe sind hier erforderlich. Transparenz gilt schließlich auch und in besonderem Maße für zivilgesellschaftliche Organisationen, ihre Leitung, Organisation und Finanzen.

Rechte wie etwa ein »Informationsfreiheitsgesetz« (es schafft Rechtsansprüche auf Einsicht in Verwaltungsdaten) oder ein Schutz von Whistleblowern (die Hinweisgeber decken oft die größten Missstände und Rechtsverstöße auf und bedürfen daher eines besonderen Schutzes) und natürlich insgesamt die Funktionen einer freien und kritischen Presse sind hier anzusprechen.

Bürgerschaftliches Engagement: Konturen einer integrierten Engagement- und Demokratiepolitik

Konzepte von Bürger- und Zivilgesellschaft spielen auch in den aktuellen politischen Diskussionen eine Rolle: Es zeichnen sich Konturen einer Engagement- und Demokratiepolitik ab (vgl. Enquete-Kommission 2002; Olk et al. 2010), in denen das Konzept der Zivil- oder Bürgergesellschaft den Referenzpunkt der neueren reformpolitischen Diskussionen bildet (vgl. Rödel et al. 1989; Schmalz-Bruns 1995; Roth 2009). Dies gilt auch für die aktuelle Diskussion über die sozialen Integrationspotenziale moderner Gesellschaften (zum Sozialkapital vgl. Putnam 1993, 2000; Klein et al. 2004). Die aktuelle Leitbilddebatte von Staat und Kommunen setzt hier an (s.u.).

Das Verständnis von Engagement in der bundesdeutschen Debatte wurde stark geprägt von den Handlungsempfehlungen einer vom Bundestag 1999 eingesetzten Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages zur »Zukunft des bürgerschaftlichen Engagements« (2002). Engagement ist, so die Enquete-Kommission in ihrem Abschlussbericht 2002, freiwillig, öffentlich, gemeinwohlbezogen und unentgeltlich. Der Übergang zu einem Engagement, das zumindest im Kleinen die Gesellschaft verändert, zu politischem Engagement in den Feldern der Meinungs- und Willensbildung ist dabei oft fließend. Von daher ergibt sich der Bedarf einer integrierten Entwicklung der Engagement- und Demokratieförderung und der Engagement- und Demokratiepolitik.

Die Vielfalt dieses Engagements, das in Organisationen und Einrichtungen, aber auch informell ausgeübt wird, ist groß. Doch ergeben sich gemeinsame Bedarfe und Anforderungen an die Engagement und Teilhabe begleitende Infrastruktur insbesondere vor Ort. Zu den Kompetenzen des vorzugsweise hauptamtlichen Personals in den Infrastruktureinrichtungen der Zivilgesellschaft gehören insbesondere folgende Kompetenzen:

• Vernetzungskompetenzen mit multi-sektoraler Reichweite (Zugang zu Zivilgesellschaft, Politik und Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und Medien)

• Information und Öffentlichkeitsarbeit

• Beratung und Fortbildung

• Digitale Kompetenzen

• Umgang mit unzivilen Akteuren in den Handlungsräumen der Zivilgesellschaft

• Engagement als Lernort in lokalen Bildungslandschaften mit Schulen und Hochschulen

• Public Interest Lobbyismus für gute engagement- und demokratiepolitische Rahmensetzung

Leitbilder staatlichen Handelns: Neues Steuerungsmodell, Aktivierender Staat, Ermöglichender Staat

In den 1990er Jahren wurde über die Leitbilder des Staates diskutiert. Dabei standen zwei Modelle im Vordergrund: Das »Neue Steuerungsmodell« konzentriert sich auf die Verwaltung als »guter Dienstleister« und auf eine entsprechend anzustrebende Kundenzufriedenheit der Bürger*innen mit den Verwaltungen (Output-Legitimität).

Das andere Modell ist orientiert auf verstärkte Teilhabe und Engagement der Bürger*innen (Input-Legitimität). Um die Bürger*innen bei dieser Entwicklung zu unterstützen, zielt das Leitbild des »aktivierenden Staates« auf gezielte Unterstützungs- und Fördermaßnahmen. Die Enquete-Kommission zur »Zukunft des bürgerschaftlichen Engagements« hat demgegenüber dem Leitbild eines »ermöglichenden Staates« den Vorzug gegeben. Sie wies darauf hin, dass das bereits bestehende Engagement von vielen Millionen Menschen in Deutschland nicht aktiviert werden müsse – ein solches Förderverständnis könnte rasch in Paternalismus umschlagen. Demgegenüber wäre das Leitbild der Ermöglichung sehr viel angemessener.

Das Leitbild der Bürgerkommune

Auf der Ebene der Kommunen wurde im Zusammenhang mit der Diskussion über einen »aktivierenden« oder »ermöglichenden« Staat seit den 1990er Jahren das Leitbild der Bürgerkommune entwickelt (Roß 2012). Es zielt auf eine umfassende Einbeziehung der aktiven Zivilgesellschaft und der Bürger*innen in Teilhabe und Gestaltung der Kommune und fördert entsprechende Voraussetzungen – etwa zivilgesellschaftliche Infrastrukturen, Schnittstellen und Vernetzung mit Zivilgesellschaft und Wirtschaft, aber auch innerhalb der Verwaltung. Auch das Konzept eines »Bürgerhaushaltes« steht in diesem Zusammenhang. Formate deliberativer partizipativer Teilhabe bis hin zu direktdemokratischen Formaten, der Aufbau von Informations-, Beratungs- und Bildungs- sowie Fortbildungshorizonten gehören auch dazu.

Es ist interessant, dass das Leitbild der »Bürgerkommune« in Deutschland zunächst sehr schleppend in die Praxis umgesetzt wird. Zunächst dominiert das »Neue Steuerungsmodell«. Doch die Kommunen kehren seit einigen Jahren wieder – und diesmal offensichtlich verstärkt – zum Konzept der »Bürgerkommune« zurück (Roth 2001; Embacher 2012).

Governance: Einbezug und Teilhabe als Qualitäten des Regierungshandelns

Der Begriff Governance ist alternativ zum Begriff Government (Regierung) entstanden und soll ausdrücken, dass innerhalb der jeweiligen politisch-gesellschaftlichen Einheit Steuerung und Regelung nicht nur vom Staat (»Erster Sektor«), sondern auch von der Privatwirtschaft (»Zweiter Sektor«) und vom »Dritten Sektor« (Vereine, Verbände, Interessenvertretungen) durchgeführt werden (Benz/ Dose 2010; Schwalb/ Walk 2007)).

Unter Corporate Governance versteht man die Kontroll- und Steuerungsstruktur innerhalb, gelegentlich – bezüglich rechtlicher Regelungen – auch außerhalb privatwirtschaftlicher Unternehmen. Unter Rückgriff auf Elemente der Eigenverantwortung sollen die zu steuernden Organisationen, Einheiten oder Einzelakteure eine aktive Rolle in der Bewältigung der jeweiligen Aufgaben bzw. Herausforderungen einnehmen. Zusätzlich beinhaltet der Begriff Governance häufig auch Formen der Kooperation mehrerer Akteure.

Ein weit gefasster Governance-Begriff umfasst jegliche Art politischer Regelung mit dem Ziel des »Managements von Interdependenzen« (Benz) – von einseitiger staatlicher Lenkung über kooperative Formen der Verhandlung bis hin zur gesellschaftlichen Selbststeuerung. Klassischerweise werden die Lenkungsstrukturen Hierarchie, Gemeinschaften, Markt und Netzwerk, welche in unterschiedlichen Formen auftreten und kombiniert werden können, unterschieden.

Prinzipien der Governance sind: • Accountability: Rechenschaftspflicht

• Responsibility: Verantwortlichkeit

• Transparency: Offenheit und Transparenz von Strukturen bzw. Prozessen

• Fairness (Wikipedia)

Koproduktionen öffentlicher Güter unter Mitwirkung der Zivilgesellschaft

Sozialpolitik in den Bereichen der öffentlichen Daseinsvorsorge erfolgt zunehmend im Modus der Koproduktion von Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft (Klein u.a. 2011). Der Diskurs über die öffentlichen Güter, die »Commons« (Helferich/Heinrich Böll-Stiftung 2012) gewinnt engagementpolitisch in diesem Zusammenhang an Bedeutung. Nur weil das Feld des Engagements an der Produktion öffentlicher Güter beteiligt ist, gibt es so viel Rückhalt trotz vieler auftretender Probleme. Zur Kritik an einer Monetarisierung des Engagements und dem Verhältnis von Erwerbsarbeit und Engagement gibt es eine intensive Fachdiskussion (BBE 2008; Staatskanzlei Rheinland-Pfalz/ BBE 2015). So ist etwa das soziale Engagement gerade mit seinen guten wie auch schlechten Erfahrungen in der Koproduktion ein wichtiger Erfahrungshorizont und Bezugspunkt auch für künftige Koproduktionen, absehbar insbesondere im Themenfeld Klimawandel (Klein 2020b).

Unter Bezugnahme auf die Kategorie der öffentlichen Güter für das Verständnis von bürgerschaftlichem Engagement geht es nicht primär darum, dass sich Bürger*innen dauerhaft politisch betätigen, sondern darum, ob die Bürger*innen fähig sind, immer wieder auch Interessen zu verfolgen, die über ihre unmittelbaren Eigeninteressen hinausgehen und den Angehörigen anderer Gemeinschaften sowie dem übergeordneten Gemeinwohl nützen. Dies würde bedeuten, dass die Organisation eines Straßenfestes, die Mitwirkung an der Einrichtung eines Kindergartens oder der Aufbau eines Gemeindezentrums in diesem Sinne als bürgerschaftliches Engagement gelten können, da diese Aktivitäten zur Erzeugung und Vermehrung öffentlicher Güter beitragen und damit das Gemeinwohl bereichern (Olk/Hartnuß 2011: 158).

Der wichtigste Anreiz für bürgerschaftliches Engagement im Rahmen der Koproduktion sozialer Leistungen ist die Möglichkeit zur partizipationsoffenen Gestaltung unter Einbringung der Anliegen und Interessen der Engagierten sowie der Wahrung und Entwicklung fachlicher Standards. Es gilt hier der Grundsatz: Wer leistet und gestaltet, sollte auch an Entscheidungsprozessen teilhaben können. Kommunalpolitik, Verwaltung wie auch Kommunale Unternehmen sind dabei sehr wichtige Partner, aber auch die Wirtschaft insgesamt und der lokale Mittelstand.

Die Institutionen und Organisationen, die Soziale Arbeit leisten oder etwa im Klimaschutz tätig sind, sind gefragt, sich für das Engagement von Bürger*innen und insbesondere von Bewohner*innen des Umfelds, in das sie eingebettet sind, zu öffnen und ihnen Gestaltungs- und Entscheidungsspielräume zu schaffen. Zugleich müssen gute Abgrenzungsmethoden zwischen Erwerbsarbeit und Engagement für die Praxis der Koproduktion entwickelt werden, damit weder Erwerbsarbeit marginalisiert noch Engagement monetarisiert wird. Zudem sollten moderne Formen einer Beschäftigungsförderung die Freiwilligkeit des Engagements auch in Koproduktionen akzeptieren und auf Sanktionen verzichten: »Kein Zwang zu Engagement«. Dabei sollten die Gewerkschaften eng eingebunden sein.

Nur die Freiwilligkeit des Engagements ermöglicht die volle Entfaltung der Lernpotentiale und Kompetenzgewinne in den Feldern des Engagements, einschließlich einer für die Ausbildung demokratischer Werte und Haltungen wichtige Erfahrung der Selbstwirksamkeit (Klein 2013).


Beitrag im Newsletter Newsletter Nr. 16 vom 13.8.2020
Für den Inhalt sind die Autor*innen des jeweiligen Beitrags verantwortlich.

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Autor

PD Dr. Ansgar Klein ist Geschäftsführer des Bundesnetzwerks Bürgerschaftliches Engagement (BBE), Privatdozent für Politikwissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin (Lehrstuhl Politische Theorie) und Publizist.

Kontakt: info@b-b-e.de


Literatur

• Adloff, Frank 2005: Zivilgesellschaft. Theorie und politische Praxis. Frankfurt a. M.: Campus.

• Adloff, Frank/ Klein, Ansgar/ Kocka, Jürgen 2016: Kapitalismus und Zivilgesellschaft. Einleitung in den Themenschwerpunkt. Forschungsjournal Soziale Bewegungen. Analysen zu Demokratie und Zivilgesellschaft, 29 (3), Berlin: De Gruyter: 14-21.

• Benz, Arthur/ Dose, Nicolai (Hg.) 2010: Governance - Regieren in komplexen Regelsystemen. Eine Einführung. Wiesbaden: Springer VS.

• Brot für die Welt 2019: Atlas der Zivilgesellschaft 2019. Report zur weltweiten Lage. Berlin

• Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BBE) (Hg.) 2008: Engagement und Erwerbsarbeit. Dokumentation der Fachtagung am 8. und 9. November 2007 in Berlin, unter: https://www.b-b-e.de/aktuelles/detail/engagement-und-erwerbsarbeit-2008/ (abgerufen am 21.7.2020)

• Enquete-Kommission »Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements«/Deutscher Bundestag (Hg.) 2002: Bericht. Bürgerschaftliches Engagement: auf dem Weg in eine zukunftsfähige Bürgergesellschaft, Opladen: Leske + Budrich.

• Evers, Adalbert / Leggewie, Claus 2018: Falsch verbunden Zur (Wieder-)Annäherung von institutionalisierter Politik und organisierter Zivilgesellschaft. In Forschungsjournal Soziale Bewegungen, De Gruiyter Berlin, 31 Jg., Heft 1-2, 32-40.

• Friedrich Ebert Stiftung (FES) 2017: Gutes Engagement – für eine demokratische Zivilgesellschaft. Impuls der Steuerungsgruppe des Arbeitskreises »Bürgergesellschaft und Demokratie« der Friedrich-Ebert-Stiftung, Berlin.

• Forschungsjournal Soziale Bewegungen 2018: Zukunft der Demokratie. 31 (1-2). Berlin: De Gruyter.

• Helferich, Silke/ Heinrich Böll Stiftung (Hg.) 2012: Commons. Für eine neue Politik jenseits von Markt und Staat. Bielefeld: transcript.

• Klein, Ansgar 2001. Der Diskurs der Zivilgesellschaft. Politische Hintergründe und demokratietheoretische Folgerungen. Opladen: Leske + Budrich.

• Klein, Ansgar/ Kern, Kristine/ Geissel, Brigitte/ Berger, Maria (Hrsg.) 2004: Zivilgesellschaft und Sozialkapital. Herausforderungen politischer und sozialer Integration. Wiesbaden: Springer VS.

• Klein, Ansgar/ Fuchs, Petra/ Flohé, Alexander (Hg.) 2011: Handbuch Kommunale Engagementförderung im sozialen Bereich. Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.: Berlin

• Klein, Ansgar 2013: Politische Bildung. In: Schule der Bürgergesellschaft. Bürgerschaftliche Perspektiven für moderne Bildung und gute Schulen. In: Hartnuß, Birger/ Hugenroth, Reinhild/ Kegel, Thomas (hg.): Schwalbach/Ts.: Wochenschau Verlag, 113-123.

• Klein, Ansgar 2020a: Überlegungen zum Begriff der Zivilgesellschaft. In: Werkner, Ines-Jacqueline/ Dembinski, Matthias (Hg.): Gerechter Frieden jenseits des demokratischen Rechtsstaates, Wiesbaden: Springer VS, 79-95.

• Klein, Ansgar 2020b: Wohlfahrtsverbände und die Dynamik des Engagements in der Gesellschaft. In: Hummel, Konrad/ Timm, Gerhard (Hg.): Demokratie und Wohlfahrtspflege. Mit einem Vorwort von Franziska Giffey. Baden-Baden: Nomos, 213-226.

• Kocka, Jürgen 2003: Zivilgesellschaft in historischer Perspektive. In: Forschungsjournal Neue Soziale Bewegungen, 16 (2), Stuttgart: Lucius & Lucius: 29-37.

• Olk, Thomas/ Klein, Ansgar/ Hartnuß, Birger (Hg.) 2010: Engagementpolitik. Die Entwicklung der Zivilgesellschaft als politische Aufgabe, Wiesbaden: VS Springer.

• Olk, Thomas/ Hartnuß, Birger 2011: Bürgerschaftliches Engagement. In: dies (Hg.): Handbuch Bürgerschaftliches Engagement, Weinheim und Basel: Beltz Juventa, 145-161.

• Putnam, Robert David 1993: Making Democracy Work. Civic Traditions in Modern Italy. Princeton: Princeton University Press.

• Putnam, Robert David 2000: Bowling Alone. The Collapse and Revival of American Community. New York: Simon and Schuster.

• Rödel, Ulrich/ Frankenberg, Günter/ Dubiel, Helmut 1989: Die demokratische Frage. Frankfurt a.M.: Suhrkamp. • Roth, Roland 2003: Die dunklen Seiten der Zivilgesellschaft. Forschungsjournal Neue Soziale Bewegungen 16 (2), Stuttgart: Lucius & Lucius, 59-73.

• Roth, Roland 2011: Bürgermacht. Eine Streitschrift für mehr Partizipation. Körber-Stiftung und Bundeszentrale für politische Bildung: Hamburg und Bonn.

• Roß, Paul-Stefan 2012: Demokratie weiter denken: Reflexionen zur Förderung bürgerschaftlichen Engagements in der Bürgerkommune, Baden-Baden: Nomos

• Schmalz-Bruns, Rainer 1995: Reflexive Demokratie: Die demokratische Transformation moderner Politik. Baden-Baden: Nomos.

• Schwalb, Lilian/ Walk, Heike (Hg.) 2007: Local Governacne – meghr Transparenz und Bürgernähe? Wiesbaden: VS

• Staatskanzlei Rheinland-Pfalz/ Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches (Engagement (BBE) (Hg.) 2015: Monetarisierung im Bürgerschaftlichen Engagement. Wie viel Geld verträgt das Ehrenamt? Fachtagung der Leitstelle Ehrenamt und Bürgerbeteiligung in der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz mit dem Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BBE) am 15. September 2015, Mainz und Berlin.

• Strachwitz, Rupert Graf 2018: Zivilgesellschaft – immer gut? Maecenata Observatorium (23), Berlin.

• Strachwitz, Rupert Graf/ Priller, Eckhard/ Triebe, Benjamin 2020: Handbuch Zivilgesellschaft. Maecenata Schriften 18. Berlin, Berlin-Boston: de Gruyter.


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