Demokratie und Partizipation

Bürgerschaftliches Engagement gehört zu den konstitutiven Elementen von Demokratie. Die Möglichkeiten der Teilhabe an und Mitgestaltung der Gesellschaft sind zugleich Prinzip des Engagements und ein wichtiges Motiv der engagierten Menschen. Eine lebendige Demokratie bedarf einer aktiven Bürgergesellschaft, in der die Menschen auf allen Ebenen von der Kommune bis zur Europäischen Union die politischen Entscheidungsprozesse mitgestalten, an gesellschaftlichen Fragestellungen teilhaben können und durch ihr Engagement die demokratische Gesellschaft stärken. Die Partizipation umfasst dabei auch Teilhabemöglichkeiten in gesellschaftlichen Organisationen und öffentlichen Institutionen, wie etwa den Schulen und Kitas.

Die Seite »Demokratie und Partizipation« bildet zentrale Diskurse ab und macht die Breite der Informationen und zur Verfügung stehenden Kompetenzen zugänglich. Die Seite fokussiert auf die beiden Themenkomplexe »Engagement und Teilhabe« sowie »Engagement für Demokratie«. Dies umfasst die Felder der politischen und gesellschaftlichen Teilhabe, formelle und informelle Beteiligungsformen, die Stärkung zivilgesellschaftlicher Strukturen gegen antidemokratische Ideologien sowie das Engagement für eine demokratische Gesellschaft.

  • Ausbau von Bürgerbeteiligung und Beteiligungsverfahren
  • Eine neue Gestaltung von Politik und Verwaltung: Mehr Beteiligung, Transparenz und sektorenübergreifende Zusammenarbeit (Open Government)
  • Politische Partizipation von Kindern- und Jugendlichen und die Entwicklung einer »Eigenständigen Jugendpolitik«
  • Politische und gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund

Ausbau von Bürgerbeteiligung und Beteiligungsverfahren

Nicht erst seit den Vorgängen um das Projekt »Stuttgart 21« im Jahr 2010 haben die Diskussionen um einen Ausbau von Bürgerbeteiligung zugenommen. Wohl aber wurden seitdem die Diskussionen für mehr Beteiligung der Bevölkerung an politischen Entscheidungen mit neuer Ernsthaftigkeit und in breiterer Öffentlichkeit diskutiert. Darüber hinaus wird die Diskussion befördert durch die Möglichkeiten des Internets für die Bürgerbeteiligung und die Verbreitung von Informationen, die eine elementare Grundlage für eine effektive Teilnahme an Beteiligungsmöglichkeiten sind.

Zuvor standen vor allem formelle Verfahren der direkten Demokratie im Mittelpunkt der Diskussionen – angeregt durch deren Einführung in den Landesverfassungen der neuen Bundesländer Anfang der 1990er Jahre sowie 1995 in Bayern auf kommunaler Ebene durch die Zivilgesellschaft selbst. Um die Jahrtausendwende gab es dann in einigen Kommunen erste Versuche mit der Durchführung von Bürgerhaushaltsverfahren. In den letzten Jahren konzentriert sich die Diskussion um einen Ausbau von Bürgerbeteiligung vor allem auf die frühzeitige Einbindung der Bevölkerung in die Planung von sogenannten Großprojekten (etwa Stromtrassen, überregionale Bahnhöfe und Flughäfen), aber auch von lokalen Bau- und Infrastrukturprojekten.

Auf europäischer Ebene bildet die »Europäische Bürgerinitiative«, mit der die Europäische Kommission zu einer Gesetzesinitiative angeregt werden kann, ein erstes formelles Element der stärkeren Beteiligung der europäischen Bürgerinnen und Bürger. Ein wichtiges informelles Element ist der »Code of Good Practice for Civil Participation in the Decision-Making Process«, der 2009 vom Europarat verabschiedet wurde.

  • Plattform der Europäischen Kommission zur Europäischen Bürgerinitiative: Weitere Informationen
  • »Code of Good Practice for Civil Participation in the Decision-Making Process«: Download (PDF)

In Deutschland gibt es auf Bundesebene verschiedene Vorstöße für den Ausbau der Bürgerbeteiligung. Hier sind zu nennen:

  • der Entwurf für ein »Gesetz zur Verbesserung der Öffentlichkeitsbeteiligung und Vereinheitlichung von Planfeststellungsverfahren«: Download (PDF)
  • das im November 2012 veröffentlichte »Handbuch für eine gute Bürgerbeteiligung - Planung von Großvorhaben im Verkehrssektor«, das zuvor auch online diskutiert werden konnte: Weitere Informationen
  • die Einbindung der Bevölkerung als »18. Sachverständiger« in die Arbeit der Enquete-Kommission »Internet und digitale Gesellschaft« des 17. Deutschen Bundestages seit Februar 2011 mittels der Software Adhocracy: Weitere Informationen

Auf Ebene der Bundesländer sind etwa zu nennen:

Auf kommunaler Ebene gibt es verschiedene Vorhaben für den Ausbau oder eine Institutionalisierung von Bürgerbeteiligung. Beispiele sind etwa der Trialog in Leipzig, die Grundsätze für Bürgerbeteiligung in Essen und die Leitlinien für mitgestaltende Bürgerbeteiligung Heidelberg sowie vor allem das Potsdamer Büro für Bürgerbeteiligung.

Von Seiten der Zivilgesellschaft wurde das von der Stiftung Mitarbeit koordinierte Netzwerk Bürgerbeteiligung gegründet, als Plattform für Akteure aus den drei Sektoren Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft für die Arbeit an dem Ausbau und der Verbesserung von Bürgerbeteiligung. Weitere Informationen

Eine neue Gestaltung von Politik und Verwaltung: Mehr Beteiligung, Transparenz und sektorenübergreifende Zusammenarbeit (Open Government)

Im Zuge der Entwicklungen des Internets und der Diskussionen in Deutschland um eine Verwaltungsmodernisierung spielen die Möglichkeiten, das Internet in die Regierungs- und Verwaltungsarbeit einzubinden, eine immer größere Rolle – etwa unter dem Stichwort »E-Government«. In diesem Zusammenhang gewinnt auch das Konzept »Open Government« an steigender Bedeutung. Dieses geht jedoch über die Nutzung des Internets hinaus und zielt, neben Bürgerbeteiligung, generell auf eine verstärkte Zusammenarbeit von Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft sowie Transparenz ab.

Dabei wird »Open Government« zugleich unterschiedlich definiert. So nennt etwa die internationale Initiative »Open Government Partnership« neben Transparenz und Partizipation auch Korruptionsbekämpfung und Rechenschaftslegung als zentrale Dimensionen von »Open Government«.

Von »Open Government« ist zudem »Open Data« bzw. »Open Government Data« zu unterscheiden, das sich vor allem auf die Veröffentlichung und freie Nutzung von Daten der öffentlichen Institutionen und damit die Transparenzdimension bezieht. »Open Government« geht weit darüber hinaus und im Zuge dessen wird auch von einem damit verbundenen Kulturwandel in Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft gesprochen. »Open Government« würde ermöglichen, Effizienz und Transparenz von Regierungs- und Verwaltungshandeln zu steigern, das Erfahrungswissen der Bürger einzubeziehen und öffentliche Dienstleitungen zu verbessern. Zugleich ist die Umsetzung mit Herausforderungen wie anfängliche Kosten und die Einbindung von bislang partizipations- und engagementfernen Gruppen verbunden.

  • Beteiligung der Bundesregierung an der »Open Government Partnership« Weitere Informationen
  • Internationale Initiative »Open Government Partnership« von verschiedenen Staaten (engl.): Weitere Informationen
  • Zivilgesellschaftliche Initiative »Arbeitskreis Open Government Partnership Deutschland«: Weitere Informationen

Politische Partizipation von Kindern- und Jugendlichen und die Entwicklung einer »Eigenständigen Jugendpolitik«

Damit Kinder und Jugendliche ihre Interessen und Bedürfnisse artikulieren können, gibt es verschiedene Formen auf allen politischen Ebenen in Deutschland. Hierzu zählen etwa Schülervertretungen und -räte, die auf Bundesebene in der Bundesschülerkonferenz bzw. dem Freien Zusammenschluss der LandesschülerInnenvertretungen zusammengeschlossen sind, sowie Kinder- und Jugendparlamente. Diese Beteiligungsformen werden in der Regel von den Kommunen selbstständig und in unterschiedlicher Form ausgestaltet.

Die Beteiligungsmöglichkeiten von Jugendlichen sind Teil eines vom BMFSFJ initiierten Dialogprozesses, um eine »Eigenständige Jugendpolitik« in Deutschland zu etablieren. Ziel ist es, Jugendpolitik als Politikfeld zu entwickeln, um die Bedürfnisse und spezifischen Herausforderungen der Jugendlichen in die politische Debatte einzubringen. Einer von insgesamt drei Themenbereichen befasst sich mit »Beteiligungschancen und -anlässen im politischen und öffentlichen Raum«. Für eine direkte Einbindung der Jugendlichen in diesen Prozess führt der Deutsche Bundesjugendring (DBJR) das Projekt »Ich mache Politik« durch.

Politische und gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund

In Deutschland leben immer mehr Menschen mit Wurzeln in verschiedenen Ländern und unterschiedlichen Kulturen. Fragen der Integration und der politischen und gesellschaftlichen Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund sowie der Möglichkeiten der Wertschätzung der kulturellen Vielfalt in der Gesellschaft werden seit Jahren stark debattiert. Migrantenorganisationen stellen relevante Zugangschancen für große Teile der engagierten Menschen mit Migrationshintergrund dar. Wie diese Organisationen in ihrer Rolle als Trägerinnen von Engagement gestärkt werden können, ist eine zentrale Frage der fachöffentlichen und wissenschaftlichen Beschäftigung im Themenbereich Engagement und Teilhabe.

Um politische Teilhabemöglichkeiten von Menschen mit Migrationshintergrund zu stärken und sie besser in politische Prozesse einbinden zu können, wurden auf den verschiedenen politischen Ebenen in Deutschland Beiräte, genannt Ausländer-, Integrations- oder Migrantenbeiräte, eingerichtet. Darüber hinaus gibt es Debatten über die Möglichkeit einer doppelten Staatsangehörigkeit sowie die Einführung des Wahlrechtes für Drittstaatenangehörige auf kommunaler Ebene. Letzteres wurde für Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union schon 1993 durch den Vertrag von Maastricht ermöglicht. Weltweit räumen knapp 50 Staaten den dort ansässigen Ausländern das Wahlrecht ein, teilweise auf nationaler Ebene. Bislang erfordert das Bundesverfassungsgericht nach einem Urteil von 1990 in dieser Frage eine Grundgesetzänderung. Bundesländer können hier nicht selbst tätig werden.

Über die formellen Möglichkeiten der Teilhabe hinausgehend wird darüber diskutiert, wie der interkulturellen Vielfalt in der Gesellschaft stärker Rechnung getragen werden kann. Beispielsweise sollen verstärkt Menschen mit Migrationshintergrund für den Öffentlichen Dienst geworben und auf eine Öffnung der Einstellungspraxis der Verwaltung hingewirkt werden. Hinter der Idee des Empowerment durch die Förderung von Migrantenorganisationen steht das Ziel, Engagement und Teilhabe zu befördern und zu ermöglichen, dass sich Migrantenorganisationen als Träger von Engagement noch besser vernetzen. Daneben sollen auch politische Gremien und (etablierte) Vereine sich für Migrantinnen und Migranten stärker geöffnet und eine engere Zusammenarbeit mit Migrantenorganisationen bewirkt werden.

Neben der Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund, die schon seit längerem in Deutschland leben, stellt sich zudem die Frage, wie eine Partizipation von Flüchtlingen und Geduldeten ermöglicht werden kann.

  • Der Bundeszuwanderungs- und Integrationsrat ist der Zusammenschluss der Landesarbeitsgemeinschaften der kommunalen Ausländerbeiräte und Ausländervertretungen: Weitere Informationen
  • Der Integrationsbeirat berät die Beauftragte für Migration, Integration und Flüchtlinge: Weitere Informationen
  • Dr. Felix Hanschmann hat im November 2013 in einer Stellungnahme für die Öffentliche Anhörung des Ausschusses für Kommunalpolitik und des Integrationsausschusses des Landtags Nordrhein-Westfalen den Rahmen der Einführung des kommunalen Wahlrechts für Drittstaatsangehörige erörtert: Download
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