Schwerpunkt 2023: Demokratie und Bürgerbeteiligung
Das Jahr 2023 wird durch die Vorbereitung zur Europawahl 2024 geprägt sein. Zahlreiche zivilgesellschaftliche Akteure werden Kampagnen zu den Europa-Wahlen entwickeln und sich mit ihren Ideen und Forderungen für ein solidarisches, demokratisches und offenes Europa der Zukunft positionieren. Die Europaarbeit des BBE berichtet hierbei über verschiedene Bürgerbeteiligungsprozesse. Wie beteiligen sich europäische Bürger*innen an Entscheidungsprozessen? Was hat sich in den letzten 10 Jahren verändert?
BBE Europa-Nachrichten Nr. 2 vom 9.3.2023
BBE-Jahresschwerpunktthema 2023: Demokratie und Bürgerbeteiligung
Die Europawahl 2024 wird die zehnte Direktwahl zum Europäischen Parlament – ein Thema, das ab dem kommenden Jahr nicht nur die Politik, sondern auch die Zivilgesellschaft beschäftigen wird: Zahlreiche zivilgesellschaftliche Akteure werden sich engagieren, Kampagnen zu den Europa-Wahlen entwickeln und sich mit ihren Ideen und Forderungen für ein solidarisches, demokratisches und offenes Europa der Zukunft positionieren. Das Jahr 2023 wird durch die Vorbereitung zur Europawahl 2024 geprägt sein. Das aktuelle Jahr ist auch in der Hinsicht auf Europäische Jahre spannend: Genau vor 10 Jahren hatte die EU das »Europäische Jahr für Bürger*innen« 2013/2014 ausgerufen. Damals stand Beteiligung von Bürger*innen am Aufbau einer stärkeren und politischeren EU im Mittelpunkt. Was hat sich seitdem verändert? Im Rahmen des Jahresschwerpunktthemas werden zudem Ergebnisse und das Follow-Up der Konferenz zur Zukunft Europas (CoFoE) im Mittelpunkt stehen. 49 Vorschläge von Bürger*innen stützen sich auf Empfehlungen, die im Rahmen der europäischen oder der nationalen Bürgerforen zusammengekommen waren bzw. die auf der digitalen Plattform eingebracht wurden. Das zum Jahresschwerpunkt gewählte Thema wird im Rahmen der Europaarbeit des BBE kommunikativ begleitet: Dazu wird in den BBE Europa-Nachrichten ein Schwerpunktthema erstellt und die relevanten Nachrichten werden auf der BBE-Webseite regelmäßig erscheinen. Zudem ist ein Dossier zu den engagement- und demokratiepolitischen Forderungen unserer Mitglieder und Stakeholder zur Europawahl geplant.
Weiterentwicklung des Bürgerrates in Belgien
Das Konzept der Bürgerräte, bei denen zufällig ausgewählte Bürger*innen konkrete Empfehlungen für die Politik erarbeiten, erfreut sich in Europa immer größerer Beliebtheit. In Brüssel wurde dieses Konzept nun weiterentwickelt. Dreimal im Jahr finden sogenannte »deliberative Parlamentsausschüsse« statt, bei denen 45 Bürger*innen und 15 Abgeordnete gemeinsam an einem Thema arbeiten und Empfehlungen entwickeln. Diese Empfehlungen werden sowohl von den Parlamentarier*innen als auch von der Brüsseler Regierung weiterverfolgt und, wenn möglich, umgesetzt. Durch die Zusammenarbeit sollen Bürger*innen und Politiker*innen voneinander lernen und Erfahrungen austauschen: Bürger*innen bringen ihre Alltagserfahrungen, Perspektiven und Wissen ein, während Politiker*innen ihre Erfahrungen im Umgang mit politischen Entscheidungsträger*innen und Gesetzgebungsverfahren einbringen können. Deliberative Ausschüsse in Brüssel haben seit 2021 Empfehlungen zu fünf verschiedenen Themen erarbeitet: Biologische Vielfalt, die Rolle der Brüsseler Bürger*innen in Krisenzeiten, Einführung des Mobilfunkstandards 5G, duale Ausbildung und Obdachlosigkeit.
Weitere Informationen bei der Bertelsmann Stiftung
Informationen über Bürgerräte in Belgien
Bertelsmann Stiftung fördert Bürgerbeteiligung in Brüssel
Die Bertelsmann Stiftung hat das Projekt »Demokratie und Partizipation in Europa« gestartet, um die Bürger*innen stärker in die europäische Politikentwicklung einzubeziehen. In Brüssel sind dialogische Partizipationsformen für den »einzelnen Bürger« noch ausbaufähig, denn es werden vor allem Interessengruppen und Verbände von der Europäischen Kommission und dem Europäischen Parlament konsultiert. Durch das Projekt sollen neue Beteiligungsformate entwickelt werden, die für Bürger*innen relevant sind und pragmatisch in EU-Institutionen eingebunden werden können. Das Ziel ist, populistischen Strömungen, die die EU als undemokratisch und fern von den Bürger*innen darstellen, eine effektive Bürgerbeteiligung entgegenzusetzen. Die Bertelsmann Stiftung bringt Expert*innen und politische Gestalter*innen in ihrer Gruppe der »Partizipationspioniere« zusammen, um Kenntnisse über dialogische Verfahren und innovative Methoden der Partizipation zu fördern und auszubauen. Die EU lebt von der Unterstützung ihrer Bürger*innen, und das Projekt soll dazu beitragen, das Demokratieverständnis in Europa zu stärken und den Austausch zwischen Europas Bürger*innen über Ländergrenzen hinweg zu fördern.
Öffentliche Konsultation zum Europäischen Qualifikationsrahmen
Die EU-Kommission bittet Interessenträger auf nationaler und EU-Ebene sowie Lernende und Arbeitssuchende um ihre Meinung zur EU-Empfehlung über den Europäischen Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (EQR). Der EQR soll die Transparenz und Vergleichbarkeit von Qualifikationen in der EU verbessern und unterscheidet acht Qualifikationsniveaus. In Deutschland soll der EQR durch den Deutschen Qualifikationsrahmen (DQR) umgesetzt werden, der Ausbildungsabschlüsse, Fachwirte und Meister Niveaus zuordnet und auf Aus- und Fortbildungszeugnissen ausgewiesen wird. Teilnehmende können den Online-Fragebogen ausfüllen oder sich per E-Mail an die EU-Kommission wenden. Die Konsultation läuft bis zum 22. März 2023.
Öffentliche Konsultation zum Europäischen Qualifikationsrahmen
Erfolgreiche EBI fordert Kosmetik ohne Tierquälerei und Europa ohne Tierversuche
Die Europäische Bürgerinitiative (EBI) »Für den Schutz kosmetischer Mittel ohne Tierquälerei und ein Europa ohne Tierversuche« hat 1 217 916 gültige Unterstützungsbekundungen erhalten und zugleich in 21 Ländern die nötigen Schwellenwerte erreicht. Besonders erfolgreich war die EBI in Tschechien, wo das Quorum um das Sechsfache überschritten wurde, gefolgt von Bulgarien, Finnland und Frankreich mit jeweils dem 4,5fachen und Deutschland mit dem 3,8fachen an notwendigen Unterschriften, damit eine EBI in einem Land als Erfolg gilt. Nicht erreicht wurde das Quorum lediglich in den Ländern Estland, Griechenland, Litauen, Luxemburg, Slowenien und Zypern. Die Kampagne erhielt über 2,16 Millionen Euro in 91 Zahlungen von vielen verschiedenen Akteuren. Heraus stechen dabei PETA aus Deutschland und PETA aus anderen europäischen Ländern, diverse nationale Tierschutzverbände, Ärzte gegen Tierversuche, aber auch Unternehmen wie DOVE, The Body Shop und Unilever. Die Einzelzahlungen reichen von 500 Euro von One Voice bis über 244.000 Euro von DOVE UK. Es ist die neunte erfolgreiche Europäische Bürgerinitiative. Nun sind die Europäischen Institutionen am Zug, zuvörderst die Europäische Kommission. Die Initiative startete ihre Sammlung am 31. August 2021, sie endete am 31. August 2022. Ab dem 13. Oktober 2022 lief die Unterschriftenprüfung durch die Kommission, die den Erfolg der EBI dann am 25. Januar 2023 zertifizierte.
EBI für menschenwürdige Aufnahme von Migrant*innen in Europa registriert
Die EU-Kommission hat eine neue Bürgerinitiative namens »Gewährleistung einer menschenwürdigen Aufnahme von Migrant*innen in Europa« registriert. Sie setzt sich für die menschenwürdige Aufnahme von Migrant*innen in Europa ein. Die Organisatoren fordern ein neues System zur freiwilligen Verteilung von Asylbewerber*innen in der gesamten EU sowie verbindliche Aufnahmestandards, die menschenwürdige Lebensbedingungen für Asylbewerber*innen sicherstellen. Die Organisatoren haben ab sofort sechs Monate Zeit, mit der Sammlung von Unterschriften zu beginnen. Wenn die Initiative innerhalb eines Jahres eine Million Unterstützungsbekundungen aus mindestens sieben verschiedenen Mitgliedstaaten erhält, muss die Kommission reagieren und kann entscheiden, ob sie der Initiative nachkommen will oder nicht.
Europarat in Reykjavik: Ideen gefragt
Am 16. und 17. Mai 2023 tagt der Europarat mit den Staatsoberhäuptern in Reykjavik. Mit Blick auf diesen Gipfel fordert er Bürger*innen und Organisationen auf, Ideen und Themen zur Bereicherung der dortigen Diskussionen einzubringen. Insbesondere sind Vertreter*innen internationaler Organisationen, nationaler Menschenrechtsorganisationen, Zivilgesellschaft, Forscher*innen, Akademiker*innen und (Menschenrechts)Anwält*innen aufgefordert. Thematisch geht es um den Umgang mit künftigen Herausforderungen und neue strategische Wege sowie darum, wie Russland für seinen Krieg zur Rechenschaft gezogen werden kann.
Öffentliche Konsultation: Stärkung der Mobilität in der Bildung innerhalb der EU
Die Europäische Kommission ruft zur öffentlichen Konsultation auf, um Meinungen darüber einzuholen, wie die Mobilität in der Bildung innerhalb der EU gefördert werden kann. Nur 15 Prozent der jungen Menschen in der EU absolvieren derzeit ein Studium, eine Ausbildung oder eine Lehre im Ausland. Ziel der Initiative ist es, die Lern- und Lehrmöglichkeiten im europäischen Ausland zu verbessern und Hindernisse zu identifizieren und zu überwinden. Bis zum 3. Mai 2023 können alle interessierten Personen ihre Erfahrungen und Meinungen online einbringen, um gemeinsam den europäischen Bildungsraum zu stärken.
Bürgerdialogreihe: EUROPA - WIR MÜSSEN REDEN! Rückblick 2022
Seit 2014 bringt die Europa-Union Deutschland (EUD) gemeinsam mit Partnerorganisationen Bürger*innen mit Expert*innen und Politiker*innen zusammen, um im Austausch auf Augenhöhe über die Zukunft Europas zu diskutieren. Das Ziel: Unterstützung der bürgerschaftlichen Teilhabe an der Europapolitik. Pandemiebedingt fand im Jahr 2022 der Großteil der Veranstaltungen digital statt. Insgesamt wurden 11 zentrale digitale Bürger*innendialoge durchgeführt. In der ersten Jahreshälfte standen im Rahmen des vom Auswärtigen Amt geförderten Projekts »Europa in der Welt – Wir müssen reden!« sowie des vom Presse- und Informationsamt der Bundesregierung geförderten Projekts »Krieg in der Ukraine - Bürgerdialoge zur Zukunft der EU« außenpolitische Themen im Mittelpunkt. Auch innenpolitische Themen wie z.B. eine Reform des EU-Wahlrechts, die Parlamentswahl in Italien sowie die deutsch-polnischen Beziehungen wurden diskutiert. Das BBE gehört zu den Partnerorganisationen und begleitet die Reihe medial.
BBE Europa-Nachrichten Nr. 1 vom 26.1.2023
EBI gegen unmenschliche Behandlungen an den europäischen Grenzen
Am 12. Januar 2023 hat die Kommission die Europäische Bürgerinitiative (EBI) »Artikel 4: Folter und unmenschliche Behandlungen an den europäischen Grenzen stoppe« (ECI(2023)000001) registriert. Die Organisator*innen der Initiative fordern einen Rahmen, der die Achtung des in Artikel 4 der Charta der Grundrechte verankerten Verbots von Gewalt und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung im Zusammenhang mit der EU-Politik in den Bereichen Grenzkontrollen, Asyl und Einwanderung gewährleistet. Dies ist die erste Initiative, die 2023 registriert wurde. Die Organisierenden haben sechs Monate Zeit, um mit der Unterschriftensammlung zu beginnen.
Pressemitteilung der Europäischen Kommission
EBI für eine tabakfreie Umgebung startet Unterschriftensammlung
Die »Verwirklichung einer tabakfreien Umgebung und das Aufwachsen der ersten tabakfreien Generation Europas bis 2030« (ECI(2022)000005) ist das Ziel einer Europäischen Bürgerinitiative (EBI), die am 16. Januar 2023 mit ihrer Unterschriftensammlung begonnen hat. Sie will die »Tabakpandemie« als wichtigste vermeidbare Todesursache bekämpfen sowie eine weitere Verschmutzung durch Zigarettenstummel von Stränden, Ozeanen und Wäldern verhindern. So soll der Verkauf von Tabakerzeugnissen und Nikotinprodukten an Bürgerinnen und Bürger ab Geburtsjahrgang 2010 eingestellt werden, damit bis 2028 die erste tabakfreie europäische Generation heranwächst.
Erfolgreiche EBI »Stop Finning – Stop the Trade« zur Befassung vorgelegt
Die Europäische Bürgerinitiative (EBI) »Stop Finning - Stop the Trade (Abtrennen von Flossen und Handel damit stoppen)« hat 1 119 996 gültige Unterstützungsbekundungen erhalten und zugleich in 15 Ländern die nötigen Schwellenwerte erreicht. Sie wurde daher der Europäischen Kommission am 11. Januar 2023 zur Prüfung vorgelegt. Es ist die achte erfolgreiche Europäische Bürgerinitiative. Im Rahmen der Initiative wird die Kommission aufgefordert, Rechtsvorschriften vorzuschlagen, mit denen der Handel mit Flossen in der EU beendet wird – auch die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Flossen, die sich nicht natürlich am Körper des Tiers befinden. Die Kommission wird die Organisierenden in den nächsten Wochen treffen, um die Initiative ausführlich zu erörtern. Anschließend wird das Europäische Parlament eine öffentliche Anhörung veranstalten. Die Kommission hat bis zum 11. Juli 2023 Zeit, um ihre offizielle Antwort mit den geplanten Maßnahmen vorzulegen. Die Initiative startete ihre Sammlung am 31. Januar 2020, coronabedingt endete sie dann erst am 31. Januar 2022. Ab dem 16. April 2022 lief die Unterschriftenprüfung durch die Kommission.